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    Organschaft: Organisatorische Eingliederung auch ohne Personenidentität

    Die umsatzsteuerliche Organschaft bietet für Konzerngesellschaften erhebliche Vorteile und deutliche Vereinfachungen der Verfahrensweise. Bei umsatzsteuerlicher Organschaft liegt aus umsatzsteuerlicher Sicht bei Leistungen zwischen Konzerngesellschaften kein Leistungsaustausch vor. Diese so genannten „Innenumsätze“ sind nicht steuerbar.

    Die umsatzsteuerliche Organschaft wird durch die unbestimmten Rechtsbegriffe der finanziellen, organisatorischen und wirtschaftlichen Eingliederung definiert. Im Gegensatz hierzu sind die Voraussetzungen der ertragsteuerlichen Organschaft durch den Ergebnisabführungsvertrag klar geregelt.

    Wann eine organisatorische Eingliederung vorliegt, führt immer wieder zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung. Hierzu gibt es zahlreiche finanzgerichtliche Urteile. Auf der sicheren Seite ist man insoweit, wenn eine vollständige Personalunion in der Geschäftsführung bzw. dem Vorstand von Organträger und Organgesellschaft besteht. Aus verschiedensten Gründen ist eine vollständige Personalunion jedoch in der Praxis häufig nicht umsetzbar. Maßgebend sind regelmäßig nicht steuerliche Gründe, sondern Gründe der Unternehmenspolitik oder langjährige Personalstrukturen, die nicht aufgegeben werden sollen.

    In einem neuen Urteil hat der Bundesfinanzhof die Voraussetzungen konkretisiert, unter denen auch ohne eine Personalunion die organisatorische Eingliederung zu bejahen ist (BFH vom 12.10.2016, Az.: XI R 30/14, DStR 2017,198).

    Auch ohne Vorliegen einer Personalunion liegt danach eine organisatorische Eingliederung vor, wenn der Organträger über institutionell abgesicherte, unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung der Organgesellschaft verfügt. Der Organträger bzw. dessen Geschäftsführer müssen auch ohne eine formale Geschäftsführerstellung bei der Organgesellschaft in der Lage sein, maßgeblichen Einfluss auf die tatsächliche Geschäftsführung der Organgesellschaft auszuüben. Diese Möglichkeit darf nicht nur rein faktisch bestehen. Sie muss vielmehr durch entsprechende Verträge oder Regelungen abgesichert sein, z.B. Geschäftsführungsordnung oder Konzernrichtlinie. Die bloße faktische Geschäftsführung bei der Organgesellschaft ist nicht ausreichend.

    Im Streitfall hat der BFH die organisatorische Eingliederung bejaht, weil nach dem Geschäftsführervertrag der Organgesellschaft der Geschäftsführer Weisungen der Gesellschafterversammlung sowie des Geschäftsführers des Organträgers befolgen musste. Hierdurch könne der Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer des Organträgers tatsächlich die Geschäftsführung bei der Organgesellschaft bestimmen.

    Das Urteil des BFH ist zu begrüßen, da es zum Einen mehr Rechtssicherheit in der umstrittenen Frage der organisatorischen Eingliederung bringt und zum Anderen klare Richtlinien aufzeigt, unter denen auch ohne das Vorliegen einer Personalunion die Voraussetzung der umsatzsteuerliche Organschaft erfüllt werden können.

    Für die Praxis zeigt das Urteil: Entscheidend ist, die Weisungsmöglichkeiten des Organträgers eindeutig schriftlich zu fixieren und diese tatsächlich zu leben, wenn eine umsatzsteuerliche Organschaft angestrebt wird.

    Dr. Uwe Scholz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/17

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