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    Häufig letzte Chance: Prozesskostenhilfe für Insolvenzverwalter

    Für Insolvenzverwalter kann Prozesskostenhilfe ("PKH") häufig die einzige Möglichkeit sein, Ansprüche des Schuldners, insbesondere in der Rechtsform einer GmbH, doch noch durchzusetzen. Das Oberlandesgericht Köln hat in diesem Monat einem Insolvenzverwalter PKH gewährt, obgleich der Schuldner diverse Vorprozesse verloren hatte. In dem Verfahren geht es um Schadensersatzansprüche gegen einen Treuhänder. Dieser veräußerte - so der Vorwurf des Insolvenzverwalters - das ihm im Rahmen einer Unternehmenssanierung übertragene Aktienpaket des Schuldners unrechtmäßig und weit unter Wert. Die Ersatzforderungen des durch Meilicke Hoffmann & Partner vertretenen Insolvenzverwalters belaufen sich auf mehrere Millionen Euro. Sie stammen aus dem Komplex der Beinahe-Insolvenz der MobilCom im Jahre 2002.

    Die Vorinstanz (Landgericht Köln) hatte die Gewährung von Prozesskostenhilfe noch rundheraus abgelehnt. Es sah die geltend gemachten Ansprüche als nicht aussichtsreich an. Die Ansprüche leiten sich aus mehr als zehn Jahre zurückliegenden Vorgängen ab. Der Treuhänder soll das Aktienpaket eigenmächtig und absprachewidrig veräußert haben; dabei habe er weit weniger als den tatsächlichen Wert des Aktienpakets erzielt. Der Schuldner (eine GmbH) hatte die Forderungen erfolglos in mehreren Prozessen verfolgt. Das Oberlandesgericht hat nun dem klagenden Insolvenzverwalter Prozesskostenhilfe für seine Schadensersatzklage aufgrund der unrechtmäßigen Verwertung des dem Treuhänder übertragenen Aktienpakets des Schuldners in Höhe eines maximalen Betrages von ca. 6 Mio. Euro gewährt.

    Prozesskostenhilfe setzt neben der Mittellosigkeit des Klägers (§ 116 ZPO) voraus, dass die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Das Oberlandesgericht Köln bejaht dies zutreffend schon dann, wenn der Rechtsstandpunkt des die PKH begehrenden Antragstellers zumindest vertretbar ist. Es ist also nicht nötig, dass nach Sicht des Gerichts der Standpunkt zutrifft. Soweit erhebliche Tatsachen streitig sind, reicht die bloße Möglichkeit der Beweisführung. Es müsse aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich erscheinen, dass der Antragsteller im Hauptprozess mit seinem Begehren durchdringt. Das sei in aller Regel bereits dann zu bejahen, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhänge. Die Prüfung der Erfolgsaussicht im PKH-Verfahren dürfe nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder eine Rechtsverteidigung in das Verfahren der Gewährung von Prozesskostenhilfe vorzuverlagern; dieses dürfe nicht an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten.

    Im PKH-Verfahren ist nach dem Oberlandesgericht nicht entscheidend, ob die Rechtsauffassung, die das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung eingenommen hat, vertretbar sei oder ob sich im Hauptprozess sogar letztlich die Sicht des Landgerichts bestätige. Maßgeblich sei vielmehr einzig und allein, ob der Standpunkt des Insolvenzvertreters vertretbar sei. Im konkreten Fall sei eine Vielzahl schwieriger Rechts- und Tatfragen zu beantworten. Deren Prüfung dürften die Gerichte nicht abschließend dem Prozesskostenhilfeverfahren überlassen. Der Kläger müsse - zumal in einer Sache mit erheblicher wirtschaftlicher Tragweite wie im entschiedenen Fall - die Gelegenheit haben, seinen Standpunkt im ordentlichen Prozess mit mündlicher Verhandlung zu erörtern und dabei auch auf Hinweise des Gerichts einzugehen.

    Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln ist eine wichtige Weichenstellung für das weitere Verfahren. Dies gilt nicht nur, weil das Gericht nach einer ersten vorläufigen Einschätzung die in der Klage geltend gemachten Ansprüche für plausibel hält. Vor allem ist der Beschluss generell wichtig für effektiven Rechtsschutz zumal in Insolvenzverfahren. Denn ohne die Gewährung der PKH wären die vom Insolvenzverwalter verfolgten Ansprüche mangels Masse per se verloren. (Beschluss vom 14.08.2014, Az.: 18 W 71/13)

    Dr. Thomas Heidel
    Dr. Wolfgang Walchner

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