Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

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    Aktuelle Corona-Hilfen im Steuerrecht (2. Corona-Steuerhilfe-Gesetz)

    Zur Abmilderung der wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie hat die Bundesregierung ein weiteres Maßnahmenpaket initiiert, das bis zum 1.7.2020 durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht sein soll.

    Die im Eckpunktepapier des Koalitionsausschusses vom 3.6.2020 formulierten Maßnahmen sind nunmehr in einem Gesetzentwurf der Bundesregierung (Zweites Corona-Steuerhilfe-Gesetz) konkretisiert worden (Regierungsentwurf vom 16.6.2020; BT-Drs. 19/20058).

    Die Maßnahmen dienen insbesondere der Stützung des Inlandskonsums, der Liquiditätssicherung sowie der Investitionsförderung.

    Folgende wesentliche Einzelmaßnahmen aus diesem Gesetz seien im Folgenden weiter erläutert. Sobald eine Fassung des von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten und schließlich verkündeten Gesetzes vorliegt werden wir nachfolgende Angaben aktualisieren:


    Umsatzsteuer:

    Die Gesetzesänderung mit der größten Breitenwirkung und die Maßnahme, die medial ein herausragendes Echo generierte, ist die zeitweise Absenkung des allgemeinen Steuersatzes von 19,00 % auf 16,00% sowie die Absenkung des ermäßigten Steuersatzes von 7,00% auf 5,00% für alle nach dem 30.06.2020 und vor dem 01.01.2021 bewirkten Umsätze. Maßgebend für die Anwendung der reduzierten Steuersätze ist der Zeitpunkt, in dem der jeweilige Umsatz ausgeführt wird. Auf den Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung kommt es nicht an. Es kommt weiterhin nicht auf den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgeltes oder gar darauf auf an, wann die Rechnung ausgestellt wurde.

    Die zeitlich beschränkte Reduzierung der Umsatzsteuersätze zieht eine Reihe von Änderungen nach sich, die die Unternehmen sehr zeitnah umsetzen müssen, um sicher zu stellen, dass die geschuldete Umsatzsteuer für Lieferungen und Leistungen nach dem 30.06.2020 zutreffend systemseitig automatisiert ermittelt wird. Umfangreiche Anpassungen von Kassensystemen, Warenwirtschafts- und Buchhaltungssystemen sind die direkte Folge der Gesetzesänderung. Derzeit steht eine Verwaltungsanweisung zur Umsetzung der geänderten Umsatzsteuersätze aus. Jedoch hat die Finanzverwaltung die letzte Änderung des allgemeinen Steuersatzes von 16,00% auf 19,00% zum 01.07.2007 mit einer umfangreichen Verwaltungsanweisung begleitet (siehe BMF Schreiben vom 11. August 2006 (BStBl. I S. 477), BMF IV A 5 – S 7210 – 23/06). Es steht zu erwarten, dass die Finanzverwaltung die seinerzeitigen Grundsätze und Vereinfachungsregeln auch für die nunmehr beschlossene Ermäßigung für anwendbar erklärt. Im Schreiben vom 11. August 2006, das im Übrigen mehr als drei Monate vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung veröffentlicht wurde, nahm die Finanzverwaltung sehr umfangreich zu Fragen der Besteuerung von Anzahlungen, zu Fragen der Auswirkung der Steuersatzänderung bei Istbesteuerung (vereinnahmte Entgelte) und zur Fragen rund um das Thema Dauerschuldverhältnisse, Stellung. Die seinerzeit festgelegten Regelungen sind, mit geänderten Vorzeichen, grundsätzlich weiterhin gültig. So ist im Falle der Istbesteuerung bei Vereinnahmung des Entgeltes vor dem 01.07.2020 für Leistungen, die nach dem 30.06.2020 ausgeführt werden, der allgemeine Steuersatz von 16% anwendbar. Dennoch bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung die in 2006 getroffenen, pro-fiskalischen Regelungen im Licht der Corona-Krise in unternehmerfreundliche Regelungen überführt. Im Rahmen eines weiteren Newsletters werden wir Sie über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden halten. Last but not least der Hinweis, dass durch die Änderung der Umsatzsteuersätze natürlich auch die so genannten unentgeltlichen Wertabgaben betroffen sind (u.a. private KFZ-Nutzung durch Unternehmer, Fahrzeugüberlassung an Mitarbeiter, Entnahme von Gegenständen durch Unternehmer). Bitte sprechen Sie uns mit ihren Fragen rund um die Änderung der Umsatzsteuersätze und die unmittelbaren Auswirkungen auf Sie und Ihr Unternehmen, an.

    Die Bundesregierung plant eine weitere umsatzsteuerliche Änderung betreffend die Verlängerung der Zahlungsfrist für Einfuhrumsatzsteuer (EUSt), für die ein Zahlungsaufschub nach den einschlägigen Regelungen des Zollkodexes gewährt wurde. Diese ist nunmehr nach dem im neuen § 21 Abs.3a UStG-E am 26. des zweiten auf die Einfuhr folgenden Monates fällig. Diese Fälligkeitsregelung gilt abweichend von den Regelungen des Artikels 110 Buchstabe b) oder c), die einen Zahlungsaufschub von maximal 31 Tagen vorsehen. Diese Regelung führt zu einer erheblichen Schonung der Liquidität von importierenden Unternehmen, da diese nunmehr die EUSt im Rahmen Ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung geltend machen können, bevor die EUSt an die zuständige Zollzahlstelle entrichtet werden muss.

    Einkommensteuer/Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer:

    Einführung einer degressiven Abschreibung in Höhe von 25 Prozent, höchstens das 2,5-fache der linearen Abschreibung, für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in den Kalenderjahren 2020 und 2021 angeschafft oder hergestellt werden.

    Die degressive Abschreibungsmöglichkeit führt zu einem Vorziehen von Steuerstundungseffekten. Die Deckelung von maximal 25% p.a. für die Jahre 2020 und 2021 hat zur Wirkung, dass ein positiver Effekt im Vergleich zu aktuellen Abschreibungsmöglichkeiten erst bei Wirtschaftsgütern mit einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von mindestens 4,5 Jahren eintritt.

    Vorübergehende Verlängerung der Reinvestitionsfristen des § 6b EStG um ein Jahr

    Über § 6b EStG gewährt das Einkommensteuerrecht die Bildung einer gewinnmindernden (Reinvestitions-)Rücklage für Gewinne aus der Veräußerung von bestimmten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Wird bis zum im Regelfall vierten auf die Veräußerung folgenden Wirtschaftsjahr keine Reinvestition vorgenommen, ist diese Rücklage gewinnerhöhend und verzinslich aufzulösen.

    Es wird nunmehr eine Verlängerung der Reinvestitionsfrist um ein Jahr gewährt, wenn die Reinvestitionsrücklage in einem Wirtschaftsjahr aufzulösen gewesen wäre, das nach dem 28.2.2020 und vor dem 1.1.2021 endet.

    Vorübergehende Verlängerung der Investitionsfristen nach § 7g EStG um ein Jahr

    Nach §7g EStG können Unternehmer für in den folgenden drei Wirtschaftsjahren geplante Erwerbe von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bis zu EUR 200.000 einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 40% der geplanten Anschaffungskosten steuermindernd geltend machen, wenn sie bestimmte Größenklassen nicht überschreiten.

    Zur Vermeidung steuerlicher Nachteile infolge corona-bedingter Investitionsausfälle werden die in 2020 endenden Fristen für die Verwendung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG-E um ein Jahr verlängert. Betroffen hiervon sind Investitionsabzugsbeträge, die in Wirtschaftsjahren bis 31.12.2017 gebildet wurden.


    Bevorzugte Besteuerung privater Nutzung von reinen Elektrofahrzeugen als Dienstwagen; Erhöhung des Maximal-Bruttolistenpreises von EUR 40.000 auf EUR 60.000

    Seit 1.1.2020 wird die private Nutzung von reinen Elektrofahrzeugen im Betriebsvermögen monatlich mit (lediglich) 0,25% des Bruttolistenpreises bewertet. Einschränkend galt bisher ein maximaler Bruttolistenpreis des Fahrzeugs von EUR 40.000. Dieser Betrag soll rückwirkend zum 1.1.2020 auf EUR 60.000 erhöht werden.

    Erhöhung der maximalen Bemessungsgrundlage der steuerlichen Forschungszulage auf 4 Mio. Euro im Zeitraum von 2020 bis 2025.

    Bei bestimmten Forschungs- und Entwicklungsprojekten, die in den Jahren 2020 bis 2025 durchgeführt werden, wird eine Gutschrift zur Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer in Höhe von 25% der Kosten des hierin direkt eingesetzten Personals bis maximal EUR 2 Mio. gewährt (nach Forschungszulagengesetz).

    Die maximale Bemessungsgrundlage soll nunmehr für den bisher gültigen Zeitraum auf EUR 4 Mio. erhöht werden, wodurch forschende Unternehmen mit bis zu weiteren EUR 500.000 (25% von zusätzlichen EUR 2 Mio.) gefördert werden.

    Erhöhung des Ermäßigungsfaktors zur Anrechnung der Gewerbesteuer zur Einkommensteuer auf 4,0

    Nach § 35 EStG wird gezahlte Gewerbesteuer derzeit bis zu einem Faktor von 3,8 des zurechenbaren Gewerbesteuermessbetrags bei der Einkommensteuer angerechnet. Dieser Faktor soll ab Veranlagungszeitraum 2020 auf 4,0 erhöht werden.

    Hieraus ergibt sich eine Reduktion eines in den meisten Fällen bestehenden Überhangs an tatsächlich angefallener Gewerbesteuer aufgrund von Gewerbesteuer-Hebesätzen größer 380% in Höhe von bis zu 0,7 Prozentpunkten der Gewerbesteuer.

    Erhöhung des Freibetrags für Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG auf EUR 200.000

    Nach § 8 Nr. 1 GewStG sind verschiedene Aufwandspositionen, wie Zins, Miet-, Leasing- und Lizenzaufwendungen teilweise zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder hinzuzurechnen. Hierzu bestand bisher ein Freibetrag in Höhe von EUR 100.000, um den ein Hinzurechnungsbetrag zu kürzen war. Dieser Freibetrag soll auf EUR 200.000 erhöht werden.

    Erhöhung des maximalen Verlustrücktrags für Zwecke der Einkommensteuer auf EUR 5 Mio. (EUR 10 Mio. bei Zusammenveranlagung) bzw. Körperschaftsteuer auf EUR 5 Mio sowie Möglichkeit der Berücksichtigung eines voraussichtlichen Verlustrücktrags 2020 bereits im Jahr 2019

    Über eine Anpassung des §10d EStG sollen die Höchstbeträge für einen Verlustrücktrag bei der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 2020 und 2021 von EUR 1 Mio. (EUR 2 Mio. bei Zusammenveranlagung) bzw. Körperschaftsteuer EUR 1 Mio. auf EUR 5 Mio. (EUR 10 Mio. bei Zusammenveranlagung) bzw. Körperschaftsteuer auf EUR 5 Mio. erhöht werden.

    Zudem soll über die neu eingeführten §§ 110 und 111 EStG-E die Möglichkeit geschaffen werden, zu erwartende Verluste aus dem Wirtschaftsjahr 2020 bereits im Veranlagungs-zeitraum 2019 zu berücksichtigen.

    Hierbei sollen folgende Möglichkeiten zur Erlangung einer kurzfristigen Steuerentlastung eingeführt werden:

    Rückwirkende Anpassung der Vorauszahlungen zur Einkommensteuer/Körperschaftsteuer für 2019 auf Antrag unter Berücksichtigung einer Reduktion des bisher bei der Ermittlung der Vorauszahlungen zugrunde gelegten Gesamtbetrags der Einkünfte (soweit keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit enthalten sind) pauschal um 30%; max. EUR 5 Mio./EUR 10 Mio.

    Voraussetzung ist eine vorherige Anpassung der Steuervorauszahlungen für 2020 auf EUR null.

    Eine darüber hinausgehende Anpassung der Vorauszahlungen zur Einkommensteuer/Körperschaftsteuer für 2019 ist möglich, wenn ein höherer Verlust für 2020 nachgewiesen werden kann. Auch hier gelten die maximalen Rücktragsbeträge vonEUR 5 Mio./EUR 10 Mio.

    Da ein Nachweis für einen Verlust in 2020 zum jetzigen Zeitpunkt ggf. schwer möglich ist, wird es hier neben den darzulegenden Angaben auch auf eine stichhaltige Argumentationslinie ankommen.

    Wird eine Steuerentlastung erst im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer bzw.Körperschaftsteuer für 2019 angestrebt, so gelten obige Erläuterungen auch für die Veranlagung.

    In diesem Fall muss unbedingt eine Einkommensteuererklärung für 2020 im Nachgang in 2021/2022 eingereicht werden. Mit der Veranlagung 2020 ist die Steuerfestsetzung für 2019 unter Durchbrechung der allgemeinen Regelungen zur Bestandskraft und Festsetzungsfristen zu ändern.

    Führt für die Veranlagung nach zuvor (überhöht) vorgenommener rückwirkender Anpassung der Vorauszahlungen zu einem Nachzahlungsbetrag, so wird dieser auf Antrag zinslos gestundet.

    Erfolgt die Veranlagung für 2020 vor der Veranlagung 2019 gelten hiesige Ausführungen nicht.

    Sollte ein Einkommensteuer/Körperschaftsteuerbescheid für 2019 bereits vor dem Zeitpunkt der Verkündung des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes plus 14 Tagen bestandskräftig sein, so kann bis einen Monat nach Verkündung dieses Gesetzes ein Antrag auf Berücksichtigung eines vorläufigen Verlustrücktrags für 2020 gestellt werden.

    Auszahlung eines Kinderbonus‘ von EUR 300 je für mindestens einem Monat im Jahr 2020 kindergeldberechtigtem Kind je hälftig im September und Oktober 2020

    Der Kinderbonus wird bei der Einkommensteuerveranlagung im Rahmen der Günstiger-prüfung zwischen Kinderfreibetrag und Kindergeld als Kindergeld angesehen.
    Da der Kinderfreibetrag (samt Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsfreibetrag) nicht erhöht werden soll, fällt der Vorteil des Kinderbonus‘ mit steigendem Einkommen geringer aus und bleibt bei zusammenveranlagten Eltern ab einem zu versteuernden Einkommen von ca. EUR 87.000 sowie getrennt veranlagten Eltern ab einem zu versteuernden Einkommen von je ca. EUR 45.000 gänzlich aus (Annahme ein zu berücksichtigendes Kind).

    Erhöhung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende von derzeit EUR 1.908 auf EUR 4.008 für die Jahre 2020 und 2021

    Robert Neuschütz

    Marko Kaiser

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 7/20

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