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    Arbeitgeber: Arbeitszeitkonto regelmäßig überprüfen!

    Weist der Arbeitgeber in einem Arbeitszeitkonto Guthabenstunden vorbehaltlos aus, stellt er damit das Guthaben streitlos. Will er im Nachhinein den auf dem Arbeitszeitkonto ausgewiesenen Saldo bestreiten, obliegt es ihm, im Einzelnen darzulegen, aufgrund welcher Umstände der ausgewiesene Saldo unzutreffend sei. Erst dann hat der Arbeitnehmer vorzutragen, wann er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen habe, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regeln.

    Dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.09.2015, Az.: 5 AZR 767/13, lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin hatte eine monatliche Sollarbeitszeit von ursprünglich 163, später 173 Stunden. Die Stunden wurden in ein Zeitkonto eingestellt. Zwischen den Parteien war „Vertrauensarbeitszeit“ vereinbart. Das Arbeitszeitkonto wies bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 414 Plusstunden aus, die Klägerin selbst beanspruchte aufgrund einer eigenen Arbeitszeitaufstellung 643 Stunden.

    Das Bundesarbeitsgericht hat das Zeitguthaben von 414 Stunden als schlüssig dargelegt angesehen. Ein Arbeitszeitkonto halte grundsätzlich fest, in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht habe. Begehrt der Arbeitnehmer die Abgeltung eines Zeitguthabens, mache er den Vergütungsanspruch für vorgeleistete Arbeit geltend. Da dieses Zeitguthaben nur in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrücke, genüge für die Schlüssigkeit einer Klage gerichtet auf Ausgleich des Arbeitszeitkontosaldos, dass der Kläger die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos und das Bestehen eines Guthabens zum Auszahlungszeitpunkt darlege. Anschließend müsse der Arbeitgeber Tatsachen darlegen, die geeignet wären, den sich aus dem Arbeitszeitkonto ergebenden Saldo, der mit den der Klage ausgehändigten Berichten streitlos gestellt wurde, zu entkräften. Die regelmäßigen Buchungen auf dem Arbeitszeitkonto stellen keine rechtsgeschäftlichen Erklärungen, sondern tatsächliche Handlungen im Sinne sogenannter Wissenserklärungen dar. Der Arbeitgeber stelle mit der vorbehaltlosen Ausweisung von Guthabenstunden in einem für den einzelnen Arbeitnehmer geführten Arbeitszeitkonto dessen Saldo streitlos. Er bringe damit zum Ausdruck, dass bestimmte Arbeitsstunden tatsächlich und mit seiner Billigung geleistet wurden.

    Will der Arbeitgeber im Nachhinein den sich aus dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers ergebenden Saldo erheblich bestreiten, obliege es ihm, ausgehend von der gestuften Darlegungslast im Einzelnen darzulegen, aufgrund welcher Umstände der ausgewiesene Saldo unzutreffend sei oder sich bis zur vereinbarten Schließung des Arbeitszeitkontos reduziert habe. Erst dann hat der Arbeitnehmer vorzutragen, wann er Arbeit verrichtet habe oder einer der Tatbestände vorgelegen haben, die eine Vergütungspflicht ohne Arbeit begründen.

    Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings weiter entschieden, dass die Grundsätzen für ein vom Arbeitgeber geführtes Arbeitszeitkonto nicht für die vom Arbeitnehmer selbst gefertigten Arbeitszeitaufzeichnungen gelten, selbst wenn der Arbeitgeber arbeitsvertragswidrig kein Arbeitszeitkonto führte. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass im Falle von geleisteten Überstunden der Arbeitnehmer nicht nur darlzuegen habe, dass die Überstunden geleistet wurden, sondern auch die Voraussetzung für die Gutschrift und zwar die arbeitgeberseitige Veranlassung und Zurechnung der behaupteten Überstunden. Der Arbeitnehmer müsse somit darlegen, dass Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung der geduldeten Arbeit notwendig gewesen seien.

    Es wird somit dringend empfohlen, die Arbeitszeitkonten regelmäßig zu überprüfen und von Arbeitnehmer behauptete Stunden zunächst unter Vorbehalt eintragen zu lassen. Als Arbeitnehmer sollte man nicht eine eigene Liste führen und hoffen, dass der Arbeitgeber im Nachhinein bezahlt. Überstunden sollten vor deren Ableistung stets mit dem Arbeitgeber abgesprochen und dann auch in das Arbeitszeitkonto eintragen werden.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 3/16

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