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    Arbeitgeber aufgepasst: Testing bei Bewerbungsverfahren kann zum Schadensersatz führen

    Allein der Altersunterschied zwischen zwei Bewerbern stellt prinzipiell kein hinreichendes Indiz dar, die eine ungünstigere Behandlung wegen des Alters vermuten lässt. Ohne weitere Indizien kann nicht davon ausgegangen werden, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung vorliegt.



    Das LAG Schleswig-Holstein, Az.: 3 Sa 401/13 hat in einer nicht rechtskräftigen Entscheidung folgenden Fall zu entscheiden: Die Beklagte hat eine Stelle für einen Servicetechniker bzw. Serviceingenieur ausgeschrieben. Der Kläger, seinerzeit 50 Jahre alt, hat sich auf die Stelle beworben. Gleichzeitig fingierte er eine Bewerbung eines 32-jährigen Kandidaten, der im Gegensatz zum Kläger zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Der Kläger erhielt kurz darauf eine Absage. Der Kläger klagte wegen Altersdiskriminierung, weil objektiv sein Lebenslauf besser als der der fiktiven Person sei.



    Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass dem Kläger ein Anspruch auf angemessene Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zustehe, da kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG vorliege. Das Alter stelle grundsätzlich einen Grund dar, der zu einer Benachteiligung führen kann. Eine solche liege vor, wenn eine Person in einer vergleichbaren Situation wegen des Alters eine weniger günstige Behandlung erfahre als eine andere Person. Ausreichend sei, dass das Alter Bestandteil eines Motivbündels sei, das die Entscheidung beeinflusst. Auf schuldhaftes Handeln oder eine Benachteiligungsabsicht komme es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht an. Eine weniger günstige Behandlung erfordere das Zufügen eines Nachteils. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung liege bereits dann vor, wenn der Bewerber nicht in die engere Auswahl einbezogen wird, sondern vorab aus einem Bewerbungsverfahren ausgeschieden ist.



    Das Gericht sah allerdings nicht genügend Indizien im streitgegenständlichen Fall für die Vermutung einer Benachteiligung nach § 22 AGG. Allein den Altersunterschied verbunden mit der Tatsache der "besseren" Qualifikation hat das Gericht nicht ausreichen lassen. Das Gericht billigte dem Arbeitgeber eine Entscheidungsfreiheit zu. Dennoch stellt das Gericht ganz deutlich die Grundsätze zur Altersdiskriminierung dar. Beim Durchlesen des Urteils gewinnt man den Eindruck, dass das Gericht das Verhalten des Bewerbers (Testingverfahren) missbilligte. Ein solches Verfahren ist ein Schritt "in die falsche Richtung" und für Arbeitgeber sehr gefährlich.



    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 7/14

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