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    Aufgedrängte Begünstigung - mehr Fluch als Segen

    Es gibt einkommenssteuerrechtliche Privilegierungen, die jeder Steuerpflichtige nur einmal im Leben in Anspruch nehmen kann. Hierzu zählt insbesondere die Begünstigung für den Gewinn aus einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe (außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 34 EStG).

    Sind in einem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 EStG enthalten, kann der Steuerpflichtige – unter den Voraussetzung des § 34 Abs. 3 EStG – die auf den Teil dieser außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommenssteuer um bis zu 44 Prozent seines durchschnittlichen Steuersatzes reduzieren. Dies sollte jedem Privilegierten grundsätzlich zur Freude gereichen.

    Aber Achtung! Damit die Freude auch langfristig währt, ist auf Folgendes tunlichst zu achten:

    Die einmalige Inanspruchnahme des § 34 Abs. 3 EStG schließt jede weitere aus. Daher sollte vor einer Antragsstellung wohl überlegt sein, ob für die Zukunft nicht höhere außerordentliche Einkünfte erwartet werden, auf die die Privilegierung effizienter angewandt werden könnte.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine antragsgebundene Steuervergünstigung, die dem Steuerpflichtigen nur einmal gewährt werden kann, für die Zukunft aber auch dann "verbraucht", wenn die Vergünstigung zu Unrecht gewährt worden ist bzw. aufgedrängt wurde, insbesondere weil ein erforderlicher Antrag vom Steuerpflichtigen gar nicht gestellt worden ist. Entscheidend sei allein, dass sich die Vergünstigung auf die frühere Steuerfestsetzung ausgewirkt hat und sie dort nicht mehr rückgängig gemacht werden kann (BFH, Beschluss vom 1.12.2015, Az.: X B 111/15).

    Damit kann sich ein zunächst erfreulicher, weil begünstigender, Steuerbescheid im Nachhinein als Bumerang entpuppen. Dann nämlich, wenn dem Steuerpflichtigen die privilegierte Behandlung seiner außerordentlichen Einkünfte für die Zukunft verwehrt ist, weil das zuständige Finanzamt zuvor anderen Einkünften solcher Art antragslos und mithin zu Unrecht die Privilegierung zugesprochen hat.

    Ein Umstand, der in der Gesamtbetrachtung nicht nur eine erheblichen Mehrsteuerbelastung und unnötigen Ärger verursachen, sondern auch leicht verhindert werden kann, indem der Steuerpflichtige die zu Unrecht ergangene Steuerfestsetzung anficht. So wird die aufgedrängte Begünstigung abgewendet, und gleichsam die Möglichkeit gewahrt, die Vergünstigung zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen (BFH, Urteil vom 8.03.1994, Az.: IX R 12/90).

    Der Begünstigte sollte sich neben seinem Privileg also auch seiner Verantwortung stets bewusst sein, gegen eine aufgedrängte Begünstigung vorzugehen, um den optimalen Zeitpunkt der Antragsstellung – wohl gewählt – selbst bestimmen zu können.

    Dr. Uwe Scholz

    wiss. Mit. Jonas Lange

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/16

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