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    BAG erneut zur Kündigung zum „nächstzulässigen Termin“

    Eine Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Letzteres ist der Fall, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert. Wird eine ordentliche Kündigung hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung erklärt, ist der Kündigungsempfänger nicht im Unklaren darüber, wann das Arbeitsverhältnis nach den Vorstellungen des Kündigenden enden soll.

    Das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.01.2016, Az.: 6 AZR 782/14, musste sich erneut (siehe auch Newsletter 10/13) mit der Formulierung „Kündigung zum nächstzulässigen Termin“ befassen. Im Arbeitsvertrag des Klägers stand die Regelung: „Nach Ablauf der Probezeit und Übernahme in ein festes Beschäftigungsverhältnis beträgt die Kündigungsfrist 4 Wochen zum Monatsende. Verlängert sich die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber aus tariflichen oder gesetzlichen Gründen, gilt diese Verlängerung auch für den Arbeitnehmer.“ Vier Jahre später kündigte der Arbeitgeber am 01.02.2013 „außerordentlich und vorsorglich ordentlich zum nächstmöglichen Termin“.

    Das Arbeitsgericht Wesel hat in der ersten Instanz die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der ordentlichen Kündigung zum 31.03.2013 festgestellt. Dabei hat das Arbeitsgericht die gesetzliche Kündigungsfrist zugrunde gelegt. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat hingegen in der Berufungsinstanz festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung mit sofortiger Wirkung, noch zum 31.03.2013 beendet wurde. Das Bundesarbeitsgericht hingegen hat die Kündigung zum 31.03.2013 als wirksam angesehen.

    Das Bundesarbeitsgericht hat die Kündigung ausdrücklich nicht mangels hinreichender Bestimmtheit als unwirksam angesehen. Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei ohne Benennung des genauen Termins wirksam. Der von der Beklagten angestrebte Beendigungszeitpunkt ergebe sich entsprechend aus der vorrangig erklärten außerordentlichen Kündigung. Eine Kündigungserklärung unterliege nicht der Transparenzkontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Einseitige Rechtsgeschäfte des Verwenders enthalten keine allgemeinen Geschäftsbedingungen. Eine Kündigung müsse als empfangsbedürftige Willenserklärung nur so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des zu Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat müsse erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet werden solle. Deshalb müsse erkennbar sein, ob es sich um eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung handele. Im Falle einer ordentlichen Kündigung genüge regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist.

    Eine Kündigung sei nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar sei, welcher Termin gelten solle. Eine Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ sei aber möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar sei. Die Ermittlung der maßgeblichen Kündigungsfrist könne sich aus Angaben im Kündigungsschreiben oder aus einer in Bezug genommenen vertraglichen oder tariflichen Regelung ergeben.

    Das Bundesarbeitsgericht war der Ansicht, dass es in dem streitgegenständlichen Fall nicht darauf ankam, ob der nächstmögliche Termin leicht feststellbar sei. Werde eine ordentliche Kündigung nicht isoliert erklärt, sondern nur hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen fristlosen Kündigung, ist der Kündigungsempfänger nicht im Unklaren darüber, wann das Arbeitsverhältnis nach Vorstellung des Kündigenden enden soll. Die Beendigung soll offensichtlich bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung erfolgen. Das Abstellen auf die Erklärung der fristlosen Kündigung vermeide zudem einen Wertungswiderspruch zur Möglichkeit der Umdeutung einer außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung zum nächstzulässigen Termin. Bei einer Umdeutung wäre die ordentliche Kündigung nicht mangels Angabe der Kündigungsfrist bzw. des Kündigungstermins unwirksam.

    Das BAG hat des Weiteren klargestellt, dass eine Kündigung „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ den Willen des Gesetzgebers deutlich ausdrücke, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Der Zusatz „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ mache lediglich deutlich, dass der Arbeitgeber sich in erster Linie auf einen anderen Beendigungstatbestand berufe, auf dessen Rechtswirkung er nicht verzichten wolle.

    Die Entscheidung bestätigt die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung. In der Sache selbst ist sie zu begrüßen, denn die Formulierung „zum nächst zulässigen Zeitpunkt“ wird nicht nur in der Konstellation „außerordentliche/ordentliche“ Kündigung, sondern auch für den Fall des nicht rechtzeitigen Zugangs der Kündigungserklärung gewählt. Gerade aber in dem Fall wäre es noch verwirrender für den Arbeitnehmer, wenn ihm der Arbeitgeber ausdrücklich mehrere Beendigungstermine nennen würde.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 6/16

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