Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

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    BAG zu Geheimcode in Zeugnissen: "als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt"

    Mit Urteil vom 15. November 2011 hat sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage beschäftigt, ob in der Beurteilung "Wir haben Herrn K. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, …" eine unzulässige Verschlüsselung (sog. Geheimcode) enthalten ist.



    Es ist allgemein anerkannt, dass ein Zeugnis keine unklaren Formulierungen enthalten darf. Bei Verstoß gegen den Grundsatz der Zeugnisklarheit kann der Arbeitnehmer Berichtigung oder Ergänzung des Zeugnistextes verlangen. Nach dem BAG ist es grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis zu verfassen. Die Formulierung und Ausdrucksweise stehe in seinem pflichtgemäßen Ermessen.



    Bei einem insgesamt positiv formulierten Zeugnis liege in der oben zitierten Formulierung kein Verstoß gegen die Zeugnisklarheit. Für den unbefangenen Leser handele es sich um eine durchweg gute Einzelbewertung, die sich in die Gesamtbewertung nach dem üblichen Beurteilungssystem einfügt. Das BAG hat - anders als das LAG Hamm - die Formulierung "kennen gelernt" nicht als "allgemeine verschlüsselte negative Beurteilung" gewertet und damit seine Rechtsprechung bestätigt. Adressat eines Zeugnisses sei ein größerer Personenkreis, der nicht zwangsläufig über ein einheitliches Sprachenverständnis verfüge. Dementsprechend sei der objektive Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Beteiligten oder Angehörigen des vom Zeugnis angesprochenen Personenkreises als maßgeblich zugrunde zu legen.



    Dem BAG kann nur zugestimmt werden. Den Ausdruck "kennen gelernt" als beschönigende Formulierung zu sehen, weil sie sich zwar nicht abwertend anhöre, aber impliziere, die gelobte Eigenschaft sei inzwischen nicht mehr vorhanden, überdehnt die Anforderungen an die Zeugnisklarheit.



    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 10/12

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