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    Banken müssen bei riskanten Zinswetten (Swaps) über einkonstruierte anfängliche negative Marktwerte aufklären, wenn sie als Beraterbanken selbst die Vertragspartner der Kunden sind.

    Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 28.04.2015, Az.: XI ZR 378/13, ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben, mit welchem die Rechtsnachfolgerin der Landesbank West LB gegenüber der Gemeinde Ennepetal wegen riskanter Zinsswap-Geschäfte umfangreich zu Schadensersatz verurteilt worden war. Die Aufhebung des Urteils durch den BGH erfolgte, soweit dieses aus der bislang nur vorliegenden Pressemitteilung des BGH ersichtlich ist, vor allem deshalb, weil das Oberlandesgericht die Gemeinde durch kommunalrechtliche Spekulationsverbote geschützt sah. Dies ist nach Auffassung des BGH nichts, was in den Pflichtenkreis der Banken fällt.



    In anderer Hinsicht hat der BGH aber die Rechte und Anspruchsmöglichkeiten von Bankkunden, die durch spekulative Zinswetten geschädigt wurden, gestärkt. So hat das Gericht nun entschieden, dass Banken bei empfohlenen Swaps, bei denen sie selbst der Vertragspartner sind, über anfänglich eingepreiste Gewinnmargen und Kosten ungefragt und unter Angabe der Höhe eines solchen "anfänglichen negativen Marktwertes" aufklären müssen. Weiter hat der BGH die bislang umstrittene Frage geklärt, ob eine solche Aufklärungspflicht nur bei sehr komplex strukturierten Swaps gegeben ist, indem er nun entschieden hat, dass die Aufklärungspflicht bei allen, also auch bei relativ einfachen Swaps, besteht.



    Eine weitere wichtige Klarstellung hat der BGH dergestalt vorgenommen, dass Kunden, die eine Vielzahl von Swapgeschäften geschlossen hatten, aber nur wegen der für sie nachteilig verlaufenden Klage erheben, keine Saldierung mit positiv geänderten Swaps vornehmen müssen. Das bedeutet, dass grundsätzlich jedes einzelne Swapgeschäft für sich daraufhin zu werten ist, ob die Beratung und die Empfehlung durch die Bank korrekt war. Insoweit hat der Bundesgerichtshof auch die sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" bestätigt, die der Bank die Beweislast dafür aufbürdet, dass der Kunde auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung, unter anderem über die Höhe des anfänglichen negativen Marktwertes, das Produkt gezeichnet hätte. Hierbei gilt die Vermutung, dass dies nicht der Fall ist.



    Andererseits hat der BGH auch einige Fragen zu Gunsten der anbietenden Banken geklärt. So heißt es in der neuen Entscheidung, dass die Aufklärungspflicht über einen anfänglichen negativen Marktwert grundsätzlich dann nicht besteht, wenn das Swapgeschäft nicht nur spekulativ war, sondern zur Absicherung eines damit im Zusammenhang stehenden ("konnexen") Grundgeschäfts (meist Darlehen) steht. Ebenso besteht diese Aufklärungspflicht nicht, wenn die beratende Bank nicht selbst der Wettparter des Kunden ist, sondern die beratende Bank nur ein Swapgeschäft mit einer anderen Bank vermittelt. Schließlich hat der BGH auch bestätigt, dass für die Verjährung bei Swapgeschäften die allgemeinen Regeln gelten. Das bedeutet, dass für den Beginn der Verjährungsfrist als Eintritt des Schadens schon der Zeitpunkt gilt, an dem das Swapgeschäft abgeschlossen wurde. Wegen einer Gesetzesänderung im Jahr 2009 bedeutet dies weiter, dass für bis zum 04.08.2009 abgeschlossene Swapgeschäfte die Verjährungsfrist bei nicht vorsätzlichem Handeln der Bank grundsätzlich drei Jahre nach Vertragsabschluss endet. Für Swapgeschäfte ab dem 05.08.2009 gilt hingegen, wie zuvor nur bei Arglist der Bank, eine Verjährungsfrist von drei Jahren ab Erkennbarkeit des Schadensersatzanspruchs durch den Kunden.



    Die beschriebenen Swapgeschäfte sind außerordentlich komplex, so dass die Geltendmachung von Schadensersatz sehr sorgfältig begründet werden muss. Wir vertreten eine Reihe von Bank- und Sparkassenkunden mit derartigen Forderungen vor verschiedenen Gerichten. Die Konsequenzen des Urteils des BGH vom 28.04.2015 werden in vollem Umfang erst bei Vorliegen der Urteilsgründe, vermutlich nicht vor Juni 2015, zu bewerten sein.



    Dr. Gerd Krämer

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/15

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