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    Betätigung des "Gefällt mir"-Buttons auf Facebook: verhaltensbedingte Kündigung?

    Die Betätigung des "Gefällt mir"- Buttons auf Facebook zur Bestätigung einer den Arbeitgeber beleidigenden Äußerung kann die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.



    Social Media bekommen immer mehr Einfluss im täglichen Leben und damit auch im Arbeitsrecht. So hatte das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau, Az.: 1 Ca 148/11, über eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung zu entscheiden. Der Ehemann der Klägerin "postete" auf seiner Internetseite bei Facebook: "Habe gerade mein Sparkassenschwein auf R. - T. getauft"…"Na ja, irgendwann stehen alle Schweine vor einem Metzger". R. und T. sind die Vornamen der Vorstände der Beklagten. Der Ehemann der Klägerin veröffentlichte auf dieser Seite zudem eine piktographische Fischdarstellung. Unter dem Piktogramm befand sich die Anmerkung "Unser Fisch stinkt vom Kopf". Die Facebook-Seite des Ehemannes der Klägerin war für über 155 Freunde, unter anderem zahlreichen Mitarbeitern und Kunden der Beklagten, einsehbar. Unter dem Fisch - Piktogramm befand sich mit dem Kommentar "Gefällt mir" der Name der Klägerin.



    Das Arbeitsgericht Dessau-Roßlau hat in seiner Entscheidung vom 21.03.2012 beide Kündigungen für nicht rechtmäßig angesehen. Das Gericht hat darauf abgestellt, dass die Aktivitäten des Ehemannes nicht geeignet seien, die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zu rechtfertigen, da die Klägerin grundsätzlich keine Verantwortung für von ihrem Ehemann abgegebene Stellungnahmen trägt. Die Klägerin könnte aus dem Arbeitsverhältnis allenfalls eine Pflicht treffen, auf ihren Ehemann mit der Maßgabe einzuwirken, Äußerungen zu unterlassen, die das Unternehmen ihres Arbeitgebers schädigen. Dem ist insofern beizupflichten, als man nur einen bedingten Einfluss hat, was eine andere Person auf der eigenen Facebook-Seite postet.



    Das Arbeitsgericht hat des Weiteren festgestellt, dass die Betätigung des "Gefällt mir"-Buttons auf der Facebook-Seite die fristlose Kündigung weder als Tat-, noch als Verdachtskündigung rechtfertige. Die Beklagte konnte nicht beweisen, dass die Klägerin den Button tatsächlich gedrückt hat, damit scheide die Tatkündigung aus. Eine Verdachtskündigung sei bereits deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Klägerin sich dergestalt geäußert hat, dass auch der Ehemann Zugang zu ihrer Facebook-Seite habe und damit nicht eindeutig war, wer den Button betätigt hat. Dabei übersieht das Gericht, dass die Klägerin durchaus haftbar gemacht werden kann, wenn sie ihre Zugangsdaten weitergibt.



    Das Gericht war darüber hinaus der Ansicht, dass die Betätigung des "Gefällt mir"-Buttons als einmalige Pflichtverletzung nicht geeignet sei, die fristlose Kündigung eines bereits seit 25 Jahren bestehenden Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Zwar wäre es als eine Loyalitätspflichtverletzung gegenüber der Beklagten anzusehen, wenn die Klägerin dem von ihrem Ehemann "geposteten" Fischpiktogramm öffentlich zugestimmt hätte. Die Klägerin durfte nicht darauf vertrauen, dass einem über Facebook verbreiteten Statement der Charakter eines "vertraulichen Gesprächs unter Freunden" zukommen würde. Diese Pflichtverletzung wäre gleichwohl nicht geeignet, die Kündigung eines seit 25 Jahren unbeanstandet bestehenden Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Für die insoweit erforderliche negative Prognose weiterer Pflichtverletzungen gebe es vorliegend keine Anhaltspunkte. Das Gericht habe auch das Vertrauen nicht als tiefgreifend zerstört gesehen. Selbst wenn die Klägerin den fraglichen Button selbst gedruckt hätte, wäre zu berücksichtigen, dass die Betätigung dieses Buttons bei Facebook-Nutzern in der Regel eine spontane Reaktion ohne nähere Überlegung darstellt und in ihrem Bedeutungsgehalt nicht zu hoch eingeschätzt werden sollte. Eine Rufschädigung der Beklagten oder ein Ansehensverlust dürfte nicht tatsächlich eingetreten sein.



    Die ordentliche Kündigung sei im Übrigen deswegen nicht gerechtfertigt, weil keine Abmahnung vorgelegen hätte.



    Die Argumentation des Arbeitsgerichts übersieht die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, das eine unverschuldete Beleidigung gegenüber dem Arbeitgeber als ausreichend für eine außerordentliche Kündigung angesehen hat, ebenso wie jedwede Tätlichkeit. Das Arbeitsgericht hätte erkennen müssen, dass die Betätigung des Buttons nichts anderes als die Zustimmung zu einer Beleidigung ist, die sehr wohl die Grundlage für eine außerordentliche Kündigung darstellen kann. Die Frage der langen Betriebszugehörigkeit wäre in einem zweiten Schritt im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu prüfen.



    Die Beklagte hat Berufung gegen das Urteil eingelegt, vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt wurde ein Vergleich geschlossen.



    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 12/13

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