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    Beteiligung von Mietern an den Kosten für Schönheitsreparaturen bei unrenoviert überlassener Wohnung

    In zwei Grundsatzurteilen vom 08.07.2020 – VIII ZR 163/18 und VIII ZR 270/18 – hatte der Bundesgerichtshof sich mit der Frage zu befassen, ob und inwieweit Mieter sich an den Kosten von Schönheitsreparaturen zu beteiligen haben, wenn die Schönheitsreparaturen deshalb nicht wirksam auf den Mieter übertragen wurden, weil die Wohnung bei Übergabe unrenoviert war.

    Im ersten Fall (VIII ZR 163/18) hatten die Kläger im Jahr 2002 eine unrenovierte Wohnung angemietet. Da sich aus ihrer Sicht der Zustand der Wohnung zwischenzeitlich verschlechtert hatte, forderten sie die Vermieterin im Jahr 2016 auf, Schönheitsreparaturen gemäß einem vorgelegten Kostenvoranschlag ausführen zu lassen. Nachdem die Vermieterin dem nicht nachgekommen war, machten sie klageweise die Zahlung eines entsprechenden Vorschusses geltend. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass den Klägern ein Vorschussanspruch nicht zustehe, da die Mietsache aufgrund des lediglich dekorativen Verschleißes nicht mangelhaft geworden sei. Zwar sei die Schönheitsreparaturklausel im Mietvertrag unwirksam. Auch sei davon auszugehen, dass sich der Zustand der Wohnungsdekoration im Vergleich zum Anfangszustand weiter verschlechtert habe. Jedoch hätten die Mieter den unrenovierten Zustand als vertragsgemäß akzeptiert, so dass ein Anspruch auf Vornahme von Renovierungsarbeiten gegen den Vermieter von vornherein ausscheide, zumal die Mieter hierdurch eine über den vertragsgemäßen Zustand der Wohnung hinausgehende Verbesserung erhielten, welche der Vermieter nicht schulde. Ein Anspruch des Mieters auf Tätigwerden des Vermieters bestehe nur dann, wenn die Wohnung „verkommen“ sei und „Substanzschäden“ zu befürchten seien. Hierfür sei nichts ersichtlich.

    Im zweiten Verfahren (VIII ZR 270/18) hatte der Mieter im Jahr 1992 eine unrenovierte Wohnung angemietet. Im Jahr 2015 forderte er die Vermieterin auf, Malerarbeiten in der Wohnung auszuführen. Mit seiner Klage begehrt er die Verurteilung der Vermieterin zur Vornahme konkret bezeichneter Schönheitsreparaturen. Diese Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Landgericht hatte ausgeführt, dass dem Mieter ein Anspruch auf Durchführung der von ihm geforderten Instandhaltungsarbeiten aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zustehe. Zwar bestimme sich die Erhaltungspflicht des Vermieters nach dem Zustand der Mietsache bei Vertragsschluss. Danach wäre die Vermieterin lediglich verpflichtet, nach einem weiteren dekorativen Verschleiß den Ursprungszustand wiederherzustellen, nicht aber eine vollständige Renovierung durchzuführen, die zu einem besseren Zustand als zu Beginn des Mietverhältnisses führe. Jedoch müsse der Vermieter sich in Fällen wie dem vorliegenden spiegelbildlich an den im Mietvertrag festgehalten, aber unwirksamen „Renovierungsprogramm“ festhalten lassen, wonach der Mieter von Zeit zu Zeit Schönheitsreparaturen hätte durchführen müssen.

    In beiden Fällen hat der BGH die Berufungsurteile aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das jeweilige Berufungsgericht zurückverwiesen.

    Der BGH knüpfte dabei an seine bisherige Rechtsprechung an, dass die Übertragung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter im Formularmietvertrag unwirksam ist, wenn diesem eine unrenovierte Wohnung überlassen und hierfür kein angemessener finanzieller Ausgleich gezahlt wurde. In diesen Fällen tritt anstelle der unwirksamen Schönheitsreparaturklausel die gesetzlich normierte Erhaltungspflicht des Vermieters (BGH, Urt. vom 18.03.2015, VIII ZR 185/14, Rn. 14,35, vgl. hierzu Newsletter 3/15, und vom 22.08.2018, VIII ZR 277/16, Rn. 20).

    Dies führe aber weder dazu, dass Instandhaltungsansprüche unabhängig von dem weiteren Verschleiß der Dekoration von vorneherein ausscheiden würden noch könne der unwirksamen Formularklausel der Inhalt beigemessen werden, dass der Vermieter sich spiegelbildlich an der dort vorgesehenen Zeiträumen für Renovierungen festhalten lassen müsse und der Vermieter daher eine uneingeschränkte Renovierungspflicht ohne Rücksicht auf den bei Mietbeginn vertragsgemäßen unrenovierten Zustand schulde.

    Zwar treffe den Vermieter eine Instandhaltungspflicht, wenn sich der anfängliche Dekorationszustand wesentlich verschlechtert habe, was nach dem langen Zeitablauf seit Beginn des Mietverhältnisses in den streitigen Verfahren naheliege.

    Ausgangspunkt für die den Vermieter treffende Erhaltungspflicht sei jedoch der Zustand der Wohnung im Zeitpunkt ihrer Überlassung an den jeweiligen Mieter. Dies sei in den entschiedenen Fällen der unrenovierte Zustand, in dem die Mieter die Wohnung angemietet hatten. Allerdings sei die Wiederherstellung des Zustands bei Beginn des Mietverhältnisses in der Regel nicht praktikabel, zumindest aber wirtschaftlich nicht sinnvoll und liege daher auch nicht im Interesse vernünftiger Mietvertragsparteien. Daher sei allein die Durchführung von Schönheitsreparaturen, durch die die Wohnung in einen frisch renovierten Zustand versetzt werde, sach- und interessengerecht. Da hierdurch auch die Abnutzungen aus der Zeit vor dem Beginn des Mietverhältnisses beseitigt würden und der Mieter einen besseren als den bei Mietbeginn vertragsgemäßen Zustand erhalte, gebiete es der Grundsatz von Treu und Glauben, die jeweiligen Interessen der Vertragspartner in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.

    Da Mieter in derartigen Fällen zwar einerseits eine „frische“ Renovierung verlangen können, sich aber andererseits in angemessenem Umfange an den hierfür erforderlichen Kosten zu beteiligen haben, hätten sie sich in der Regel an der Hälfte der entstehenden Kosten zu beteiligen.

    Verlange der Mieter – wie im Verfahren VIII ZR 270 / 18 – die Vornahme von Schönheitsreparaturen vom Vermieter, so könne dieser die Kostenbeteiligung nach Art eines Zurückbehaltungsrechtes einwenden. Verlange der Mieter von dem Vermieter Zahlung eines Kostenvorschusses – wie im Verfahren ZR 163 / 18 – führe dies zu einem entsprechenden Abzug von den voraussichtlich anfallenden Kosten.

    Beide Verfahren wurden an das jeweilige Berufungsgericht zurückverwiesen, da noch weitere Feststellungen zu treffen waren und den Parteien Gelegenheit zur Ergänzung ihres Sachvortrages und zur Anpassung ihrer Anträge zu geben war.

    H. Krumscheid

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 8/20

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