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    BGH erhöht Zeitdruck bei übernahmerechtlichem Squeeze-out und Sell-out

    Zu den zahlreichen umstrittenen Detailfragen, die sich mit den §§ 39a ff. WpÜG verbinden, liegt nunmehr eine erste klärende höchstrichterliche Entscheidung vor.

    2006 wurde im Zuge der Umsetzung der Europäischen Übernahmerichtlinie im Wertpapierübernahmegesetz eine privilegierte Möglichkeit des Ausschlusses von Minderheitsaktionären eingeführt für den Fall, dass ein Übernahme- oder Pflichtangebot zu einer 95%-igen Beteiligung des Bieters geführt hat; die Privilegierung liegt zum einen darin, dass es anders als beim Squeeze-out nach §§ 327a ff. AktG keines Hauptversammlungsbeschlusses bedarf und zudem u.U. der Angebotspreis als angemessene Abfindung unterstellt wird. Korrespondierend zu dem Recht des Bieters auf Durchführung eines solchen Squeeze-out (§§ 39a f. WpÜG) wurde den Aktionären, die das vorangegangene Angebot nicht angenommen haben, ein sogenanntes Andienungsrecht in § 39c WpÜG eingeräumt.

    Mit der Anwendung der §§ 39a ff. WpÜG verbinden sich jedoch zahlreiche umstrittene Rechtsfragen, die bislang nicht höchstrichterlich geklärt waren. Dazu gehörte auch die praktisch wichtige Frage, bis zu welchem konkreten Zeitpunkt die Beteiligungshöhe von 95% des Grundkapitals erreicht sein muss. Hierzu hat sich nunmehr der Bundesgerichtshof in seiner am 18.12.2012 ergangenen ersten Entscheidung zu §§ 39a ff. WpÜG (Az.: II ZR 198/11) geäußert. Darin stellt er klar, dass ein Recht zum Minderheitenausschluss und damit korrespondierend ein Andienungsrecht gemäß §§ 39a ff. WpÜG jedenfalls dann nicht mehr entsteht, wenn die erforderliche 95%-Quote am Grundkapital durch den Bieter erst nach dem Ablauf der sogenannten weiteren Annahmefrist nach § 16 WpÜG erreicht wird. Damit hat der Bundesgerichtshof der Rechtsprechung des für den übernahmerechtlichen Squeeze-out bundesweit zuständigen Oberlandesgerichts Frankfurt am Main eine Absage erteilt, welches es genügen lassen wollte, dass die 95%-Schwelle bis zum Ablauf der Frist zur Stellung eines Antrags auf Durchführung eines übernahmerechtlichen Squeeze-out erreicht wird.

    Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sorgt für Rechtssicherheit und verschafft Bietern wie Minderheitsaktionären zu einem früheren Zeitpunkt Gewissheit darüber, ob von den durch die §§ 39a ff. WpÜG eröffneten Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden kann. Es bleibt zu hoffen, dass hinsichtlich der übrigen umstrittenen Rechtsfragen zeitnah weitere klärende höchstrichterliche Entscheidungen ergehen.

    Dr. Daniel Lochner

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/13

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