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    BGH präzisiert Voraussetzungen für Kündigung von Mietwohnungen

    Der BGH hat jüngst in einer Reihe von Entscheidungen die Voraussetzungen für die Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnungen präzisiert. Dabei hat er zum Teil seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben.

    Am 14.12.2016, Az.: VIII ZR 232/15, hat der BGH zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (auch BGB-Gesellschaft bzw. GbR genannt) als Vermieterin entschieden. Diese könne eine Kündigung mit Eigenbedarf (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) eines ihrer Gesellschafter begründen. Dabei genügt schon der Eigenbedarf eines Angehörigen eines Gesellschafters als Kündigungsgrund. Das Berufungsgericht sah die Frage noch anders: Es hielt die Kündigung für unwirksam, da die GbR eine rechtsfähige Gesellschaft sei. Daher sei sie als solche Vermieterin. Eine Gesellschaft könne aber keinen Eigenbedarf geltend machen.

    Der BGH hat in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 27.06.2007, Az.: VIII ZR 271/06) bestätigt, dass die Rechtsfähigkeit der als Vermieterin auftretenden GbR nicht dazu führe, dass sie keinen Eigenbedarf für ihre Gesellschafter einschließlich deren Angehöriger geltend machen könne. Diese gebiete auch nicht der Schutzzweck der Wohnraum mietrechtlichen Kündigungsregeln. Der Schutzzweck der Regelungen zum Eigenbedarf sei zwar der Schutz des vertragstreuen Mieters vor willkürlichen Kündigungen. Doch gleichzeitig sei dem Vermieter die Befugnis einzuräumen, das Mietverhältnis bei Vorliegen eines triftigen Grundes beenden zu können. Der gebotene Schutz des Mieters hänge nicht davon ab, ob die GbR als Vermieterin als rechtsfähig anerkannt sei.

    In dem Urteil vom 14.12.2016 bestätigt der BGH zwar, dass der kündigende Vermieter dem Mieter, eine vergleichbare Wohnung zur Anmietung anbieten muss, falls eine solche während der Kündigungsfrist im selben Haus und in derselben Wohnlage frei wird. Dazu sei der Vermieter aufgrund seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht verpflichtet. Damit bestätigt der BGH zwar im Ansatz seine bisherige Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 09.07.2003, Az.: VIII ZR 276/02, NJW 2003, 2604). Allerdings differenziert er diese in Hinblick auf die Rechtfolgen, die das Nichtanbieten der frei werdenden anderen Wohnung nach sich zieht: Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH führte das Nichtanbieten zur Unwirksamkeit der Kündigung (so z.B. BGH, Urteil vom 21.12.2011, Az.: VIII ZR 166/11). Diese Sicht hat der BGH in seinem aktuellen Urteil aufgeben. Die Verletzung der Anbietpflicht führt nun nur noch zu Schadensersatzansprüchen des Mieters. Der BGH grenzt diese Konstellation ab von Fällen, in denen von vornherein kein anerkennenswertes Interesse des Vermieters an der Kündigung des Mieters besteht, z.B. weil der vom Vermieter geltend gemachte eigene Wohnbedarf weit überhöht ist, die gekündigte Wohnung die Nutzungswünsche des Vermieters überhaupt nicht erfüllen kann oder der Vermieter seine Nutzungswünsche in einer anderen ihm gehörenden und ohnehin freigewordenen Wohnung ohne wesentliche Abstriche umsetzen kann. Der BGH hält in solchen Fällen die Eigenbedarfskündigung für unwirksam da rechtsmissbräuchlich.

    Mit den Voraussetzungen einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB) befasst sich das BGH-Urteil vom 09.11.2016, Az.: VIII ZR 73/16. Danach sind trotz erheblicher Pflichtverletzungen des Mieters sämtliche beiderseitigen Interessen von Vermieter und Mieter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles abzuwägen. Dazu gehörten auch Härtegründe auf Seiten des Mieters. Im BGH-Fall bestand die Besorgnis einer ernsthaften Verschlechterung des Gesundheitszustands einer 97-jährigen, bettlägerigen Mieterin infolge eines erzwungenen Wechsels der bisherigen häuslichen Umgebung und Pflegesituation. Der BGH verlangt bei solcher drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder gar Lebensgefahr des Mieters, dass die Gerichte diese bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen hinreichend Rechnung tragen. Dies könne dazu führen, dass die wichtigen Gründe für eine außerordentliche Kündigung nicht durchgriffen. Die diesen Gründen gegenüberstehenden besonders schwerwiegenden persönlicher Härtegründe auf Seiten des Mieters könnten den Ausschlag gegen die Kündigungsberechtigung geben. Die ggf. auch erheblichen Pflichtverletzungen des Mieters träten demgegenüber zurück.

    Eine wichtige Klarstellung für die Vermieterkündigung enthält das BGH-Urteil vom 13.07.2016, Az.: VIII ZR 296/15. Auch länger zurückbleibende Mietrückstände können danach eine Kündigung begründen. Juristisch geht es dabei um die Frage, ob § 314 Abs. 3 BGB bei der Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnraum anzuwenden ist. Danach muss grundsätzlich ein Kündigungsberechtigter die Kündigung innerhalb einer angemessenen Frist aussprechen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat. Gölte diese Regelung auch für die Kündigung des Mieters, könnte der Vermieter seine Kündigung nicht auf die lange zurückliegenden Mietrückstände stützen. Solche Sichtweisen sind nun obsolet. Dies dürfte auch für andere Mietverhältnisse gelten.

    Herbert Krumscheid

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/17

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