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    BGH: Rückforderungsansprüche bei unwirksam vereinbarten Bankbearbeitungsgebühren für Verbraucherdarlehen verjähren Ende 2014

    Der Bundesgerichtshof hat am 28.10.2014 in zwei Entscheidungen erstmals über die Frage des Verjährungsbeginns für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern bei unwirksam formularmäßig vereinbarten Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherdarlehen befunden. Danach begann die kenntnisabhängige dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB für früher entstandene Rückforderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen, weil Darlehensnehmern die Erhebung einer entsprechenden Rückforderungsklage nicht vor dem Jahre 2011 zumutbar war.



    In den beiden Verfahren,BGH, Az.: XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14, hatten Verbraucher jeweils von ihren Banken für in der Vergangenheit, in dem ersten der beiden Verfahren ging es um Darlehen aus den Jahren 2006 und 2008, in dem zweiten um ein Darlehen aus dem Jahr 2008, berechnete Bearbeitungsgebühren in Höhe von mehreren Hundert bis mehr als 1.500,00 € zurückverlangt. Der erste Kläger war damit bei den Vorinstanzen in Mönchengladbach überwiegend wegen von den Gerichten angenommener Verjährung unterlegen, der zweite hatte in Stuttgart bereits beim Amts- und Landgericht Erfolg.



    Der Bundesgerichtshof hat nun in beiden Fällen den Klägern recht gegeben und die beklagten Banken zur Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren wegen ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB verurteilt. Die Unwirksamkeit entsprechender Bearbeitungsentgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für Verbraucherkreditverträge hatte der BGH in einem Urteil vom 13.05.2014 festgestellt. Offen geblieben war damals aber noch die Frage der Verjährung.



    Der BGH hat nun in den beiden Fällen entschieden: Die Rückzahlungsansprüche beider Kläger sind nicht verjährt; die gegenteilige Annahme der Vorinstanzen in dem Verfahren XI ZR 348/13 ist unzutreffend. Bereicherungsansprüche verjähren nach § 195 BGB grundsätzlich in drei Jahren. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 BGB hat Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt. Nicht erforderlich ist hingegen in der Regel, dass er aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Hierauf hatten das Amts- und Landgericht Mönchengladbach ihre Annahme der Verjährung gestützt.



    Der BGH hat jetzt aber entschieden, dass ausnahmsweise die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben kann, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht in einem für die Klageerhebung ausreichenden Maße einzuschätzen vermag. Das gelte erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine gegenteilige höchstrichterliche Rechtsprechung entgegenstehe. In einem solchen Fall fehle es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn.



    Angesichts des Umstands, dass Bearbeitungsentgelte in "banküblicher Höhe" von zuletzt bis zu 2 Prozent von der älteren Rechtsprechung des BGH gebilligt worden waren, war den Darlehensnehmern vorliegend die Erhebung einer Rückforderungsklage erst zumutbar, nachdem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefestigte oberlandesgerichtliche Rechtsprechung herausgebildet hatte, die Bearbeitungsentgelte in AGB beim Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen missbilligte. Seither musste ein rechtskundiger Dritter billigerweise damit rechnen, dass Banken die erfolgreiche Berufung auf die ältere Rechtsprechung des BGH künftig versagt werden würde.



    Ausgehend hiervon sind derzeit (siehe unten!) nur solche Rückforderungsansprüche verjährt, die vor dem Jahr 2004 entstanden sind, sofern innerhalb der absoluten - kenntnisunabhängigen - 10jährigen Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB vom Kreditnehmer keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergriffen worden sind.



    Zu beachten ist, dass mit der vom BGH für das Jahr 2011 angenommenen Kenntnisnahmemöglichkeit und der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist zum Jahresende alle jetzt wieder offenen Rückzahlungsansprüche aus der Zeit seit dem Jahr 2004 mit Ablauf des Jahres 2014 verjähren werden! Betroffene Bankkunden müssen also bis Jahresende ihre Ansprüche gegenüber ihren Banken bis zum Jahresende in einer Weise geltend machen, die die Verjährung hemmt, also klagen, einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen oder ein Güteverfahren bei einer staatlichen anerkannten Gütestelle oder - soweit für die betreffende Bank vorhanden - einer Bankenombudsstelle einleiten.




    Dr. Gerd Krämer



    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 10/14

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