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    Bis zur bitteren Neige

    Der Bundestag hat vor wenigen Tagen im Rahmen des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz beschlossen, dass unliebsame Grundsatzurteile des Bundesgerichtshofs (BGH) ab dem nächsten Jahr von der betroffenen Partei nicht mehr ohne Zustimmung der Gegenseite verhindert werden können.



    Bis dato ermöglicht die Zivilprozessordung (ZPO) jeder Partei, einen Rechtsstreit auch noch in der Revisionsinstanz einseitig zu beenden. Entweder, indem sie als Klägerin die Klage einfach zurücknimmt, oder als Beklagte die Ansprüche des Klägers anerkennt. Von diesen prozessualen Möglichkeiten profitierten in der Vergangenheit - zum Verdruss der Verbraucherschutzverbände und so mancher BGH-Richter - vor allem Versicherungen, Banken, aber auch Energieversorger, die allesamt für sie unvorteilhafte höchstrichterliche Entscheidungen noch in letzter Minute hintertreiben konnten. Gerade die Feststellung der Unwirksamkeit bestimmter Vertragsklauseln durch den BGH hätte sich für diese ansonsten höchst nachteilig auf zahlreiche Parallelverfahren ausgewirkt.



    Zukünftig kann die Revision nur noch mit Einwilligung des Prozessgegners zurückgenommen werden. Auch ein Anerkenntnisurteil ist nur mit Mitwirkung der Gegenseite möglich. Privaten Klägern mag eine solche Zustimmung von Fall zu Fall gegen Zahlung eines zusätzlichen Betrages schmackhaft gemacht werden. Bei von Verbraucherschutzverbänden betriebenen Prozessen dürften die Versicherer und Banken jedoch den Kelch zukünftig bis zur bitteren Neige leeren müssen.



    Hartwig Oesterle

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 6/13

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