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    Bundesarbeitsgericht: Kündigung durch den Personalleiter mit Gesamtprokura möglich

    Ein Personalleiter mit Gesamtprokura kann ein Arbeitsverhältnis ohne einen weiteren Bevollmächtigten kündigen, wenn der Arbeitgeber seine Beschäftigten über die Stellung des Personalleiters in Kenntnis gesetzt hat.
    Das Bundesarbeitsgericht (BAG), Az.: 2 AZR 567/13, hatte folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger wandte sich gegen eine betriebsbedingte Kündigung. Das Kündigungsschreiben war von dem Prokuristen und Personalleiter mit dem Zusatz "ppa." und von einem Sachbearbeiter mit dem Zusatz "i.V." unterzeichnet. Laut Handelsregister war der Personalleiter als Gesamtprokurist der Beklagten nur zusammen mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen vertretungsberechtigt.
    Das LAG Hamm hat der Klage stattgegeben mit der Begründung, der Kläger habe die Kündigung mangels ausreichender Vertretungsmacht des Personalleiters als (Gesamt)- Prokurist ohne Vorlage einer Originalvollmacht wirksam zurückgewiesen. Das BAG hob das Urteil auf und wies den Rechtstreit an das LAG zurück, zur Klärung der offen gebliebenen Frage, ob der Kläger davon in Kenntnis gesetzt war, dass der kündigende Prokurist die Stellung eines Personalleiters inne hatte.
    Das BAG stellte dabei klar, dass die Vorschrift des § 174 BGB über die Zurückweisung der Kündigung dazu diene, die Ungewissheit zu beseitigen, ob eine bestimmte Person bevollmächtigt sei, das Rechtsgeschäft vorzunehmen. Der Empfänger einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung soll nicht nachforschen müssen, welche Stellung der Erklärende habe. Wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter in eine Stellung berufe, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden sei, müsse er diese interne Übertragung einer Funktion aber nach Außen rechtlich bekanntgeben.
    Kündigt ein Prokurist, werde die erforderliche Kenntnis des Erklärungsempfängers von der Bevollmächtigung im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs durch § 15 Abs. 2 HGB fingiert. Der Umstand, dass der Personalleiter eine ausreichende Vertretungsmacht als Gesamtprokurist nicht besaß, sei ohne Belang, wenn er die alleinige Vertretungbefugnis zum Ausspruch der Kündigung auf Grund interner Bevollmächtigung als Personalleiter in Anspruch nehmen konnte und der Kläger hierüber in Kenntnis gesetzt worden war. Für die Annahme unbeschränkter Vertretungsmacht eines Personalleiters zur Erklärung von Kündigungen spiele es keine Rolle, ob er zugleich in seiner Funktion als Gesamtprokurist nur eingeschränkte Vertretungsmacht besitzt.
    Sollte die Zurückweisung mangels Vollmachtsvorlage mehr als ein taktisches Manöver sein, bedarf sie einer sorgfältigen Überprüfung. Seitens des Arbeitgebers ist es sinnvoll, Personalleiter als solche den Arbeitnehmern "vorzustellen", um im Falle einer nicht ganz ungewöhnlichen Gesamtprokura nicht zwingend zwei Unterschriften zu brauchen.



    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/15

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