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    Bundesgerichtshof ändert bisherige Rechtsprechung zur Beweislast beim Verbrauchsgüterkauf zu Gunsten der Käufer

    In einer kürzlich ergangenen Entscheidung musste der BGH im Hinblick auf zwingende europarechtliche Vorgaben seine bisherige Rechtsprechung zur Beweislast beim Verbrauchsgüterkauf zu Gunsten der Käufer aufgegeben.

    Gem. § 476 BGB wird gesetzlich vermutet, dass eine Kaufsache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich der Sachmangel innerhalb von 6 Monaten seit Gefahrübergang zeigt. Diese Regelung geht auf die europäische Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Art. 5 Abs. 3) zurück und ist demnach richtlinienkonform auszulegen.

    Gegenstand der Entscheidung war ein Gebrauchtwagenkauf. Etwa 5 Monate nach Übergabe des Fahrzeuges schaltete die im Fahrzeug eingebaute Automatikschaltung nach einer vom Kläger absolvierten Laufleistung von etwa 13.000 km in der Einstellung „D“ nicht mehr selbständig in den Leerlauf. Ein Anfahren oder Rückwärtsfahren bei Steigungen war nicht mehr möglich. Nach erfolgloser Fristsetzung zur Mängelbeseitigung erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag, verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges, Ersatz aufgewendeter Kosten für den Austausch defekter Teile, für die Fehlersuche durch eine Fachwerkstatt sowie für die kurzzeitige Anmietung eines Ersatzfahrzeuges. Das Landgericht und das Oberlandesgericht hatten im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung des BGH die Klage zurückgewiesen. Die Revision hatte Erfolg.

    Im Anschluss an ein Urteil des EuGH vom 04.06.2015, Az.: C-497/13, sah sich der BGH veranlasst, seine bisherige strenge Rechtsprechung zu Gunsten der Verbraucher aufzugeben. Nunmehr sei § 476 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Beweislastumkehr zu Gunsten des Käufers schon dann greife, wenn diesem der Nachweis gelinge, dass sich innerhalb von 6 Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine Mangelerscheinung) gezeigt habe, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in eine vom Verkäufer zuzurechnenden Umstand – dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Dagegen muss der Käufer weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt.

    Weiter sei § 476 BGB richtlinienkonform dahin auszulegen, dass dem Käufer die dort geregelte Vermutungswirkung auch dann zu Gute komme, dass der binnen 6 Monaten nach Gefahrübergang zur Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz bei Gefahrübergang vorgelegen habe.

    Nach dieser Entscheidung werden sich Verkäufer insbesondere gebrauchter Gegenstände darauf einstellen müssen, in Zukunft in höherem Umfang auf Gewährleistung in Anspruch genommen zu werden.

    Dr. Wolfgang Walchner

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 12/16

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