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    Bundesgerichtshof erleichtert den Erwerb sanierungsbedürftiger Unternehmen

    Der Bundesgerichtshof hat durch Urteil vom 03.12.2019, Az.: II ZR 457/18, eine Hürde beim Erwerb sanierungsbedürftiger Unternehmen im Fall der insolvenzrechtlichen „Eigenverwaltung“ gem. §§ 270 ff. Insolvenzordnung (InsO) beseitigt.

    Nach Handelsrecht - § 25 Handelsgesetzbuch (HGB) - haftet derjenige, der ein Unternehmen erwirbt und unter der bisherigen Firma, also dem Namen, unter dem das Geschäft geführt wird (§ 17 HGB), fortführt, grundsätzlich auch für die Schulden des Veräußerers. Dies gilt nicht nur, wenn der Erwerber neben der Fortführung der Firma auch sämtliche Wirtschaftsgüter des Veräußerers übernimmt. Ausreichend ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Übernahme des wesentlichen Teils des Unternehmens (z. B. Warenbestand, Geschäftsräume, Kunden- und Lieferantenbeziehungen). Abweichende Vereinbarungen zwischen Erwerber und Veräußerer sind grundsätzlich den Gläubigern des Veräußerers gegenüber nur wirksam, wenn sie unverzüglich in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht werden – was in der Praxis nicht immer beachtet wird.

    Um die Fortführung sanierungsbedürftiger Unternehmen zu erleichtern, hatte bereits das Reichsgericht entschieden, dass § 25 HGB nicht anwendbar ist, wenn der Erwerber das Unternehmen vom Konkurs- bzw. Insolvenzverwalter erwirbt (Reichsgericht, Urt. vom 21.05.1904, RGZ 58, 166-169; ebenso z.B. BGH ZIP 2008, 2116, 2117). Offen war aber bisher geblieben, ob die Vorschrift anwendbar ist, wenn das Unternehmen zwar aus der Insolvenz erworben wird, aber nicht durch den Insolvenzverwalter, sondern durch den Schuldner in der Eigenverwaltung veräußert wird. Diese seit 2012 zulässige Form der Durchführung eines Insolvenzverfahrens hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen.

    In seinem Urteil vom 03.12.2019 hat der Bundesgerichtshof nun auch im Falle der Veräußerung des Unternehmens durch den Schuldner in der Eigenverwaltung die Vorschrift des § 25 HGB für nicht anwendbar erklärt und somit den Erwerb sanierungsbedürftiger Unternehmen weiter erleichtert, indem der Erwerber auch in diesem Fall nicht für die Altschulden des Unternehmens aufkommen muss. Der Erwerb insbesondere sanierungsbedürftiger Unternehmen bleibt dennoch mit Risiken behaftet. Risiken können nur durch eine sorgfältige „Due Diligence“ (Prüfung der bestehenden Verträge, steuerlichen Verhältnisse etc.) und Vertragsgestaltung vermieden werden. So bleibt bspw. § 25 HGB beim Erwerb eines Unternehmens vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Veräußerers anwendbar. Eine wichtige Hürde enthält nach wie vor auch § 613a BGB, wonach der Erwerber beim Erwerb eines Unternehmens aus der Insolvenz grundsätzlich in alle Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs des Unternehmens bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt (BAG NZA 2003, 1027, 1028). In der Praxis gelingt es häufig nur durch Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern hierzu, zu für den Erwerber akzeptablen Lösungen zu kommen.

    Dr. York Strothmann

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/20

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