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    Die Fondsgesellschaft eines geschlossenen (Schiffs-)Fonds ist nicht berechtigt, gewinnunabhängige Ausschüttungen von den Kommanditisten zurückzufordern

    Der Bundesgerichtshof (BGH) hat kürzlich den Rückforderungsverlangen von Fondsgesellschaften bzgl. geleisteter Ausschüttungen enge Grenzen gesetzt. In der Vergangenheit haben viele notleidende (geschlossene) Fonds von ihren Gesellschaftern Ausschüttungen zurückverlangt, die zuvor bei negativen Kapitalkonten (insofern "gewinnunabhängig") an diese ausgezahlt worden waren. Mit solchen Rückforderungen soll im besseren Fall eine mögliche Insolvenz der Gesellschaften vermieden, im schlechteren Fall eine unwirtschaftlich agierende Geschäftsführung weiter alimentiert werden.

    Gegenstand der beiden Urteile des BGH vom 12.03.2013, Az.: II ZR 73/11 und II ZR 74/11, waren jeweils Schiffsfonds, deren Gesellschaftsverträge die Regelung enthielten, dass unabhängig von ausgewiesenen Gewinnen oder Verlusten an die Gesellschafter Ausschüttungen in bestimmter Höhe entsprechend dem prozentualen Anteil eines Gesellschafters am Kommanditkapital geleistet werden konnten, wenn die Liquiditätslage des Fonds dies zuließ. Solche Auszahlungen sollten gemäß den Gesellschaftsverträgen dann auf "Darlehenskonten" der Gesellschafter gebucht werden. Dementsprechend wurden in den zugrundeliegenden Fällen mehrere Ausschüttungen an die Gesellschafter - bei negativen Kapitalkonten - geleistet und verbucht.

    Nachdem die Fondsgesellschaften in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, beschlossen sie im Rahmen eines Sanierungskonzepts die Rückforderung der geleisteten Auszahlungen von den Gesellschaftern. Begründet wurde dies auch damit, dass wegen der negativen Kapitalkonten im Zeitpunkt der Ausschüttungen diese gemäß § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB eine (teilweise) Rückzahlung der Kommanditeinlagen dargestellt hätten. Das OLG Hamm als Berufungsgericht war dieser Sichtweise der Fondsgesellschaften noch gefolgt.

    Auf die von den verurteilten Gesellschaftern eingelegten Revisionen hin hat der BGH die Berufungsurteile aufgehoben und die Rückzahlungsklagen der Fonds abgewiesen. Er ist damit der Argumentation über § 172 Abs. 4 HGB nicht gefolgt, weil diese Norm nur anordnet, dass bei negativen Kapitalkonten zurückgezahlte Beträge nur gegenüber außenstehenden Gläubigern als nicht geleistete Kommanditeinlagen gelten.

    Nur die Sichtweise des Bundesgerichtshofs entspricht der gesetzlichen Konzeption: Das Gesetz unterscheidet klar zwischen der (ggf. gemäß § 172 Abs. 4 HGB wiederaufgelebten) Außenhaftung der Kommanditisten gegenüber außenstehenden Gläubigern der Kommanditgesellschaft und der bloßen Innenhaftung der Gesellschafter. Sind Einlagen im Gesellschaftsinnenverhältnis mit Rechtsgrund an die Gesellschafter zurückgezahlt worden (wie in den entschiedenen Fällen aufgrund der dafür vorhandenen Liquidität), so kann die Gesellschaft selbst solche Auszahlungen von den Gesellschaftern nur dann zurückfordern, wenn auch hierfür eine Rechtsgrundlage besteht. Der nur das Außenverhältnis betreffende § 172 Abs. 4 HGB kann das nicht sein.

    Hervorzuheben ist, dass der BGH in den entschiedenen Fällen (es ging um Dr. Peters Schiffsfonds) auch die dort in den Gesellschaftsverträgen enthaltenen Darlehenskonstruktionen nicht als Rechtsgrundlage gelten ließ. Dies ist insofern von erheblicher Bedeutung, weil sich auch bei anderen Fondsanbietern (etwa Lloyd oder Hansa Treuhand) ähnliche Darlehenskonstruktionen finden. Bevor man allerdings die Entscheidungen des BGH vorschnell auf andere Fonds überträgt, müssen die dortigen rechtlichen Konzepte genau daraufhin überprüft werden, ob sie nicht in dem entscheidenden Detail von den jetzt vom BGH verworfenen Regelungen abweichen.

    Im übrigen können sich auch die jetzt siegreichen Anleger noch nicht in Sicherheit wiegen: Falls die Fonds insolvent werden sollten, könnten außenstehende Gläubiger bzw. der Insolvenzverwalter gestützt auf die nur für sie gedachte Schutznorm des § 172 Abs. 4 HGB die Ausschüttungen dann eventuell doch noch (ganz oder teilweise) zurückfordern.

    Die Beteiligung an geschlossenen Fonds ist und bleibt daher gerade für Privatanleger ein gefährliches va banque Spiel, dessen Eingehung wohl überlegt sein will. Im Krisenfall bedarf es sehr genauer Prüfung, wie die Gefahren reduziert werden können. Dies kann in einem Fall eine - soweit möglich - vorzeitige Kündigung der Beteiligung sein, im anderen Fall die Leistung von Sanierungsbeiträgen, um Schlimmeres zu verhindern, und im noch anderen Fall die Geltendmachung von Schadensersatz gegenüber Gründungsgesellschaftern, Finanzberatern, Geschäftsführern oder anderen Verantwortlichen.

    Dr. Gerd Krämer

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 3/13

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