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    Durchbruch für grenzüberschreitende Umwandlungen

    Der Europäische Gerichtshof (EuGH) betont in ständiger Rechtsprechung, dass die europarechtlich garantierte Niederlassungsfreiheit auch das Recht einer Gesellschaft zur grenzüberschreitenden Umwandlung umfasst. Hierunter versteht der EuGH das Recht, sich in eine dem Recht eines anderen Mitgliedsstaats unterliegende Gesellschaft umzuwandeln, soweit die Voraussetzungen des Rechts jenes anderen Mitgliedsstaats eingehalten werden. In diesem Zusammenhang betont der EuGH insbesondere, dass nationale Regelungen, die die Umwandlung oder die Sitzverlegung in einen anderen Mitgliedstaat von einer vorherigen Liquidation der Gesellschaft in dem bisherigen Sitzstaat der Gesellschaft abhängig machen, mit dem Europarecht nicht vereinbar sind.

    Obwohl der Europäische Gerichtshof diese Grundsätze bereits seit seinem Urteil vom 12.07.2012 in der Rechtssache „Vale“ in ständiger Rechtsprechung vertritt, waren bislang weder auf europäischer, noch auf nationaler Ebene entsprechende gesetzliche Regelungen für grenzüberschreitende Umwandlungen erlassen worden. Nur die grenzüberschreitende Verschmelzung war seit dem Jahr 2005 durch die Richtlinie 2005/56/EG und seit dem Jahr 2007 durch die §§ 122 a ff. Umwandlungsgesetz (UmwG) gesetzlich geregelt.

    Mit dem Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie 2017/1132 in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen vom 25.04.2018 hat die Europäische Kommission nunmehr erstmals eine umfassende Kodifizierung für grenzüberschreitende Umwandlungen vorgelegt. Der Vorschlag orientiert sich weitgehend an den bekannten Regularien zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen.

    Als Ergebnis der in den letzten Jahren auf internationaler und europäischer Ebene geführten Diskussionen über Gewinnverlagerung internationaler Konzerne (BEPS-Diskussion) und sonstiger von der Politik als unerwünscht eingestufter steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten ist in dem Entwurf der Richtlinie nunmehr ausdrücklich vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen müssen, dass eine grenzüberschreitende Umwandlung keine künstliche Gestaltung mit dem Ziel der Erlangung eines unrechtmäßigen Steuervorteils darstellt. Insofern ist zu befürchten, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der neuen Richtlinie aus fiskalischen Gründen über das Ziel hinaus schießen werden und Gestaltungen untersagen werden, die aus ihrer Sicht die Gewährung unrechtmäßiger Steuervorteile bezwecken, tatsächlich jedoch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvolle grenzüberschreitende Umwandlungen darstellen.

    Trotz dieser Bedenken an der effektiven Umsetzung der Richtlinie durch die Mitgliedstaaten, ist der Entwurf der Richtlinie zu begrüßen. Die Kodifikation der Regelung für grenzüberschreitende Umwandlungen war längst überfällig. Im Interesse der Unternehmen ist zu hoffen, dass die Richtlinie zeitnah verabschiedet wird und dann schnellstmöglich, spätestens im Rahmen der 24-monatigen Umsetzungsfrist, von den Mitgliedstaaten auch tatsächlich in nationales Recht umgesetzt wird.

    Aus deutscher steuerrechtlicher Sicht ist keine Änderung der nationalen Regelung erforderlich, da der Gesetzgeber bereits im Rahmen der letzten Reform des Umwandlungssteuergesetzes im Jahr 2006 die Europäisierung des Umwandlungssteuerrechts vorangetrieben hat.

    Dr. Uwe Scholz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 8/18

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