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    Erbschaftssteuerreform: Kompromiss in letzter Sekunde, weiterhin erhebliche verfassungsrechtliche Zweifel

    Ende 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht die bisherigen Privilegien für Betriebserben als zu weitgehend bezeichnet und dem Gesetzgeber aufgegeben, bis 30.06.2016 eine Neuregelung zu finden. Diese Frist ist verstrichen, ohne dass sich die Regierungskoalition einigen konnte. Erst nachdem das Bundesverfassungsgericht gedroht hatte, sich Ende September erneut mit der Erbschaftsteuer zu beschäftigen, hat sich in der Nacht zum 22.09.2016 der Vermittlungsausschuss auf einen Kompromissvorschlag einigen können. Zentrale Punkte sind:

    • Bei dem Erwerb von begünstigtem Vermögen über 26 Millionen Euro (Prüfschwelle) wird eine Bedarfsprüfung eingeführt und die Verschonung abgeschmolzen. Ab einem Vermögen von € 90 Mio. entfällt die Verschonung.
    • Ausnahmen sollen gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag Bestimmungen enthält, nach denen Entnahmen und Ausschüttungen auf höchstens 37,5% des Gewinns beschränkt sind und die Verfügung über die Anteile auf Mitgesellschafter und nahe Angehörige beschränkt sind. Die Voraussetzungen müssen 2 Jahre vor und 20 Jahre nach dem Erbfall erfüllt werden.
    • „Luxusgüter“ wie Segelyachten, Oldtimer, Segelflugzeuge etc. werden grundsätzlich dem schädlichen Verwaltungsvermögen zugerechnet.
    • Die Arbeitnehmerzahl, bei der Betriebe von der Einhaltung der Lohnsummenregelung ausgenommen sind, wird auf fünf Arbeitnehmer festgelegt.
    • Beschränkung der Stundung auf sieben Jahren, wobei ab dem 2. Jahr die Verzinsung (mit verfassungsrechtlich zweifelhaften 6%/Jahr)greifen soll und 1/6 pro Jahr getilgt werden muss.
    • Festlegung des Kapitalisierungsfaktors von 13,75 für Bewertungen nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren.

    Auch wenn innerhalb der Politik weitgehend Zufriedenheit darüber herrscht, dass man eine Einigung gefunden hat und die Regelung zur Erbschaftsteuer nicht dem Bundesverfassungsgericht überlassen hat, muss bezweifelt werden, ob der nun gefundene Kompromiss tatsächlich den Vorgaben der Verfassungsrichter genügt.

    Zumindest bietet der jetzt vorliegende Beschluss, sofern er vom Bundestag und Bundesrat verabschiedet wird, zunächst die erforderliche Rechtssicherheit um anstehende Vermögensübertragungen planen zu können.

    Dr. Uwe Scholz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 9/16

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