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    Ersatzanspruch der Gesellschaft nach § 64 S. 1 GmbHG vom Deckungsumfang einer D&O- Versicherung umfasst

    Mit Urteil vom 18.11.2020, Az.: IV ZR 217/19, hat der u.a. für Versicherungsrecht zuständige 4. Zivilsenat des BGH ausgesprochen, dass der Ersatzanspruch wegen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleisteter Zahlungen ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz im Sinne der D&O-Versicherung sei.

    Im Rahmen der D&O-Versicherung besteht Deckungsschutz nur, wenn die versicherte Person wegen einer bei Ausübung ihrer Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für einen Vermögensschaden in Anspruch genommen wird.

    Der für Gesellschaftsrecht zuständige 2. Zivilsenat hat diese Ansprüche in seiner ständigen Rechtsprechung als Ersatzanspruch eigener Art angesehen (z.B. BGH, Urteil vom 15.03.2016 – II ZR 119 / 14, NJW 2016, 2066). Dem folgend hatten verschiedene Oberlandesgerichte z.B. das OLG Düsseldorf und das OLG Celle ausgesprochen, dass dieser Anspruch nicht vom Deckungsumfang der D&O-Versicherung umfasst sei.

    Nach der Rechtsprechung des 4. Senats sind allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sachzusammenhanges versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der Versicherungsbedingungen auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und Sinnzusammenhang der Klauseln sind zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 08.01.2020 - IV ZR 240 / 18 mwN.). Liegt - wie im Falle der D&O-Versicherung - eine Versicherung für fremde Rechnung vor, kommt es daneben auf die Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter und ihre Interessen an (BGH, Urteil vom 04.03.2020 – IV ZR 110 / 19). Nach diesen Maßstäben ergebe die Auslegung, dass der in § 64 S. 1 GmbHG geregelte Anspruch ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch auf Schadensersatz sei. In der Umgangssprache umschreibe der Ausdruck „Schadensersatz“ allgemein den Ausgleich eines erlittenen Nachteils. Dementsprechend werde der Versicherungsnehmer/Versicherte unabhängig davon, wie die einschlägige gesetzliche Haftungsbestimmung die Rechtsfolge beschreibe, Versicherungsschutz jedenfalls dann erwarten, wenn der gegen ihn erhobene Anspruch auf Ausgleich des eingetretenen Schadens im Wege der Wiederherstellung des Zustandes vor dem Schadensereignis gerichtet sei. Anders werde er auch die rechtsdogmatische Einordnung des Anspruches aus § 64 Abs. 1 Satz 1 GmbH-Gesetz nicht verstehen.

    Mit dem vorstehenden Urteil hat der BGH die durch die Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte entstandene Unsicherheit (vgl. insoweit Newsletter 7/18 und 7/17) für die betroffenen Versicherten beseitigt.

    H. Krumscheid

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/21

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