Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

    Newsletter

    Gefährliche Patronatserklärung: Interne Zahlungen und Befristung schützen nicht vor Haftung

    Sichert eine Muttergesellschaft im Konzern die Gläubiger ihrer Tochtergesellschaften durch sogenannte „Patronatserklärungen“ ab, haftet sie bei Insolvenz der Tochter gegenüber deren Gläubigern ähnlich wie ein Bürge. Der BGH hat in neuerer Rechtsprechung bekräftigt, dass zeitliche Einschränkungen der Patronatserklärung die Haftung nur äußerst begrenzt beschränken können. Zudem führe eine Befriedigung des Gläubigers durch die Tochtergesellschaft, die deren Insolvenzverwalter angefochten hat, nicht zu einem Wegfall der Haftung aus der Patronatserklärung, wenn diese gegenüber dem Gläubiger erklärt war.

    Der BGH hat sich mit Beschluss vom 12.01.2017, Az.: IX ZR 95/16, DB 2017, 35, mit einer Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Dresden befasst. Dieses hatte die Haftung der Muttergesellschaft eines Konzerns bejaht, die für ihre später in Insolvenz gegangene Tochter eine Patronatserklärung gegenüber einer ihrer Gläubigerinnen abgegeben hatte. Darin hieß es u.a.:

    „Wir, die alleinige Gesellschafterin der S-GmbH, verpflichten uns hiermit, der S-GmbH die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, dass sie ihrerseits den vertraglichen Verpflichtungen gemäß (dem) mit Ihrem Haus vereinbarten Zahlungsplan einhalten kann. Die vorliegende Patronatserklärung ist zeitlich bis zum 15.08.2007 befristet.“

    Die S-GmbH hat danach von der Muttergesellschaft Zahlungen erhalten und verschiedene Verbindlichkeiten der Gläubigerin beglichen, der gegenüber die Muttergesellschaft die Patronatserklärung abgegeben hatte. Die entsprechenden Zahlungen hat jedoch der Insolvenzverwalter der S-GmbH erfolgreich angefochten. Daher musste die Gläubigerin die erhaltenen Zahlungen der Insolvenzmasse erstatten. Die Gläubigerin hat daraufhin die Muttergesellschaft in Höhe dieser Rückzahlungen auf Zahlung verklagt. Sie stütze sich dabei auf die Patronatserklärung. In den ersten beiden Instanzen war sie erfolgreich.

    Der BGH hat die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt und seine bisherige Rechtsprechung bekräftigt. Die von der Muttergesellschaft abgegebene Erklärung sei eine sog. „harte externe Patronatserklärung“. Solche Erklärungen begründeten eine rechtsgeschäftliche Einstandspflicht des „Patrons“ (hier also der Muttergesellschaft) gegenüber dem Adressaten der Erklärung, hier also der Gläubigerin der Tochtergesellschaft. Der Patron übernehme durch die harte Patronatserklärung die Verpflichtung, die Tochtergesellschaft in der Weise auszustatten, dass sie stets ihre finanziellen Verbindlichkeiten erfüllen könne. Eine solche Erklärung kann im Innenverhältnis zur Tochtergesellschaft oder im Außenverhältnis zu deren Gläubiger()n abgegeben werden. Bei einer gegenüber Gläubigern abgegeben externen Patronatserklärung hafte der Patron den Gläubigern neben der Tochtergesellschaft für dieselbe Leistung „auf das Ganze“, wie der BGH es formuliert. Bei einer solchen harten externen Patronatserklärung hat also der Gläubiger einen unmittelbaren Anspruch gegen den Patron. Das gilt nach dieser Rechtsprechung auch, wenn die Tochter zwar Zahlungen geleistet hat, diese aber seitens des Insolvenzverwalters der Tochter anfechtbar sind. Nach dem BGH genügt die Mutter nicht ihrer Verpflichtung, ihre Tochtergesellschaft so auszustatten, dass diese stets ihren finanziellen Verbindlichkeiten genügen kann, wenn Zahlungen der Tochter anfechtbar sind. Das gilt selbst in dem Fall, dass der Patron der Tochter zuvor die Mittel zur Befriedigung des Gläubigers zur Verfügung gestellt hat. Der Patron unterliegt einer Schadenersatzpflicht aus der Patronatserklärung, wenn die Forderung des Gläubigers wegen der erfolgreichen Anfechtung uneinbringlich ist.

    Die Muttergesellschaft gerät so also in die Gefahr einer doppelten Zahlung – zunächst im Innenverhältnis gegenüber der Tochter, und später noch einmal gegen über dem Gläubiger der Tochter. Der BGH weist in seiner Entscheidung dem Patron einen Weg, wie er die doppelte Inanspruchnahme vermeiden kann: Er könne direkt an den Gläubiger zahlen. So könne er der Gefahr begegnen, dass seine interne Mittelzufuhr an die Tochter letztlich nicht zu Befriedigung des Gläubigers führt und er ein weiteres Mal zahlen muss. Man mag ergänzend erläutern: Mit Insolvenz der Tochter verwandelt sich der Anspruch der Tochtergesellschaft aus der Patronatserklärung in einen Direktanspruch des Gläubigers gegen den Patron auf Zahlung. Der Patron zahlt also auf eine eigene Schuld, so dass diese Zahlung vom Insolvenzverwalter der Tochtergesellschaft nicht anfechtbar ist.

    Im Anschluss an frühere Rechtsprechung hat der BGH in seiner aktuellen Entscheidung noch einmal klargestellt, dass eine Befristung der Patronatserklärung die Haftung des Patrons nur teilweise beschränkt. Die zeitliche Befristung ist zwar möglich. Sie hat aber nur zur Folge, dass der Patron nicht für die Erfüllung von Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft haftet, die nach Ende der Befristung (hier der 15.08.2007) entstehen. Die Befristung führt nicht etwa dazu, dass mit dem Fristende die Haftung auch für solche Verbindlichkeiten entfällt, die vor dem Fristende entstanden sind. Die Rechtslage entspricht dem Fall, dass ein Patron seine Patronatserklärung zu einem bestimmten Zeitpunkt kündigt. Auch dies ist zwar durchaus möglich. Die Kündigungserklärung wirkt aber nur „ex nunc“, d.h. für die Zukunft. Sie lässt nicht die bereits entstandene Haftung für vor dem Wirksamwerden der Kündigung entstandene Verbindlichkeiten entfallen.

    Dies alles ist nicht neu. Das ergibt sich bereits daraus, dass der BGH die Revision nicht zur Entscheidung angenommen hat. Dass solche Fälle aber überhaupt noch vor den BGH kommen, mag darauf hindeuten, dass einigen Unternehmen die Tragweite von harten Patronatserklärungen nicht klar ist. Leistet der Patron Stützungszahlungen an die aus der Patronatserklärung begünstigte Tochter, dann sollte er sicher sein, dass diese Zahlungen zur Vermeidung der Insolvenz auch ausreichend sind. Bestehen insoweit Zweifel, ist die Direktzahlung an den Gläubiger selbst bei Inkaufnahme der Insolvenz der Tochter der vorzugswürdige Weg, wenn Doppelzahlungen vermieden werden sollen.

    Dr. Jürgen Hoffmann

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/17

    Drucken | Teilen