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    Hohe Hürden für gerichtliche Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern

    Die Boykotthaltung von Aufsichtsratsmitgliedern kann zu erheblichen Problemen für die betroffene Aktiengesellschaft führen. Gerade in kleinen Aufsichtsräten, die nur mit drei Mitgliedern besetzt sind, ist schnell dessen Handlungsfähigkeit gefährdet. Das OLG München (Beschluss v. 28. August 2018, Az.: 31 Wx 61/17, NZG 2018, S. 1389 ff.) hat jüngst die Anforderungen an die gerichtliche Abberufung wegen Boykotts von Aufsichtsratssitzungen aufgezeigt.

    Zwischen den Aufsichtsratsmitgliedern bestanden seit langem unüberwindbare Streitigkeiten. Einem Aufsichtsratsmitglied wurde vorgeworfen, häufiger unentschuldigt von Sitzungen des Aufsichtsrats ferngeblieben zu sein. Die Handlungsfähigkeit des Aufsichtsrats war daher gefährdet, weshalb die übrigen Aufsichtsratsmitglieder ein gerichtliches Abberufungsverfahren vor dem OLG München anstrengten.

    Das OLG München lehnte den Antrag aber ab. Grund dafür war, dass das der Boykotthaltung beschuldigte Aufsichtsratsmitglied zu den Sitzungen weder ordnungsgemäß und rechtzeitig geladen noch ordnungsgemäß über die Tagesordnung informiert worden sei. Ihm sei es daher nicht möglich gewesen, sich ausreichend auf die Sitzung vorzubereiten. Das Verfahren wurde also aus einem Grund verloren, der ohne weiteres vermeidbar gewesen wäre. Die Botschaft des OLG ist daher klar: Wer seine eigenen Hausaufgaben nicht macht, muss allein aus diesem Grund mit dem Scheitern des Verfahrens rechnen. Bevor ein solcher Antrag wegen Boykottverhaltens gestellt wird, sollte daher sorgfältig die Vorgeschichte auf formelle und materielle Fehler geprüft werden.

    Für das Ausschlussverfahren ist es notwendig, dem Aufsichtsratsmitglied grob pflichtwidriges Handeln nachzuweisen, dass der Gesellschaft sein weiteres Verbleiben im Amt unzumutbar macht. Daher bestehen hohe Anforderungen, hinreichend konkret und schlüssig die Verstöße darzulegen. Es empfiehlt sich daher, bereits im Vorfeld eines gerichtlichen Vorgehens dessen Grundlagen rechtlich sauber zu legen.

    Aktiengesellschaften mit einem dreiköpfigen Aufsichtsrat müssen sich darüber hinaus der besonderen Gefahren bewusst sein, die eine Blockade durch ein Mitglied auslösen kann. Das Abberufungsverfahren kann nur „auf Antrag des Aufsichtsrats“ durchgeführt werden. Ein dreiköpfiger Aufsichtsrat ist aber nur beschlussfähig, wenn alle seine Mitglieder anwesend sind. In diesem Fall ist eine genaue Prüfung der Handlungsmöglichkeiten angezeigt.

    Dr. Torben Illner

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 1/19

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