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    Nach dem Closing kommt das Erwachen

    Nachdem die Parteien eines Unternehmenskaufvertrags beim Closing noch gemeinsam darauf anstoßen, dass sie den in der Regel intensiven Prozess gemeistert haben, folgt in der Folgezeit das unerfreuliche Erwachen. Nicht selten wird nämlich der Käufer nach dem Closing Ansprüche wegen der Verletzung der im Kaufvertrag vereinbarten Garantien geltend machen, sei es weil tatsächlich Garantieverletzungen vorliegen, sei es um nachträglich den Kaufpreis zu reduzieren. Ansatzpunkte hierfür wird der kundige Anwalt oft finden können. Das Landgericht Hamburg hat am 13.03.2015 über einen solchen Fall entschieden.



    Bereits der Umstand, dass ein ordentliches Gericht mit einer post-M&A Streitigkeit befasst wurde, ist ungewöhnlich, da häufig aus Gründen der Vertraulichkeit Schiedsklauseln vereinbart werden. Bemerkenswert ist weiterhin, dass die Klägerin offensichtlich erst nach Erwerb des Unternehmens feststellte, dass im erworbenen Geschäftsbereich fortlaufend Patentverletzungen begangen wurden. Obwohl die Klägerin umfassenden Zugang zu den Unterlagen des verkauften Unternehmens im Rahmen einer Due Diligence hatte und dies sogar im Kaufvertrag bestätigte, unterließ sie es, eine ausdrückliche Garantie zur Absicherung gegen Schäden aus solchen Patentverletzungen zu vereinbaren. Ihre Klage vor dem Landgericht Hamburg stütze die Klägerin daher auf eine Verletzung der Garantieklausel, wonach das verkaufte Unternehmen über alle "permits and authorisations necessary for the conduct of its business as now being conducted” verfügte, und auf eine Verletzung der Bilanzgarantieklausel.



    Das Landgericht Hamburg hat die Klage abgewiesen. Eine Verletzung der Klausel zu den permits and authorisations lehnt es ab, weil diese Klausel nach dem Wortlaut und nach der Systematik des Kaufvertrags nur öffentlich-rechtliche Genehmigungen erfasse. Gewerbliche Schutzreche seien in einer separaten Klausel erfasst, die jedoch nur die Markenrechte des verkauften Unternehmens betreffe. Aus der Überschrift ergebe sich aber, dass diese Klausel die gewerblichen Rechte umfassend und losgelöst von den öffentlich-rechtlichen Genehmigungen regeln solle. Auch liege eine Verletzung der Bilanzgarantie nicht vor. Zum Stichtag der von der Klausel erfassten Bilanzen sei eine Inanspruchnahme aufgrund der Patentverletzungen nicht hinreichend konkret gewesen, so dass das verkaufte Unternehmen in seinen Bilanzen keine Rückstellungen für Schadensersatzforderung aufgrund der Patentverletzungen bilden musste.



    Das Verfahren vor dem Landgericht Hamburg macht zwei in der Praxis regelmäßig auftretende Aspekte besonders deutlich. Zum einen entstehen durch die Fassung eines Kaufvertrags in englischer Sprache, der deutschem Recht unterliegt, schnell Unschärfen, die Ansatzpunkt einer nachfolgenden Auseinandersetzung sein können. Hier gilt es eine möglichst präzise Formulierung zu wählen. Regelmäßig bietet es sich an, deutsche Fachtermini in Klammern zur Erläuterung des Gewollten einzufügen. Zum anderen zeigt sich aber auch wieder die Bedeutung der Bilanzgarantie und ähnlich gelagerter Catch-All Klauseln. Beiden ist gemein, dass ihre Reichweite problematisch werden kann, da oftmals Sachverhalte nicht im Zusammenhang mit diesen Klauseln gesehen werden. Hier hilft nur ein intensiver Diskurs zwischen den Verkäufern und seinen Beratern, um in relevanten Bereichen eine eindeutige Eingrenzung dieser Klauseln in den Kaufvertrag aufzunehmen.



    Jan Kleinertz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/15

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