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    Nachtzuschläge bei Tagesbeschäftigung - Bei Betriebsratsmitgliedern möglich

    Ein Betriebsratsmitglied, das wegen seiner Betriebsratstätigkeit Nachtschichten nicht ableisten konnte, kann gem. § 37 Abs. 2 BetrVG die dafür vorgesehenen Nachtzuschläge beanspruchen. Ein Anspruch auf die Nachtzuschläge besteht dann, wenn und soweit vergleichbare Arbeitnehmer für ihre Arbeit in dem maßgeblichen Zeitraum Nachtzuschläge erhalten haben und auch das Betriebsratsmitglied diese ohne die Übernahme der Betriebsratstätigkeit verdient hätte.



    Das Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 19.12.2013, Az.: 12 Sa 682/13, hatte folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger war Betriebsratsmitglied und in der Logistikabteilung tätig. Sein Arbeitsbeginn war vor seiner Wahl 4 Uhr morgens, so dass er Nachtzuschläge erhalten hat. Um ihn für die Belegschaft, die überwiegend ab 10 Uhr arbeitete, besser erreichbar zu machen, wurde der Schichtbeginn des Klägers einvernehmlich auf 7 Uhr verlegt. Der Kläger begehrt weiter die tarifvertraglich vorgesehenen Nachzuschläge mit dem Argument, die Verschiebung der Schicht sei durch die Betriebsratstätigkeit bedingt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht überwiegend der Berufung stattgegeben, Nichtzulassungsbeschwerde ist eingelegt.



    Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Art und Umfang des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Für die Bemessung des Entgelts gilt das Lohnausfallprinzip (BAG Urteil vom 5.5.2010, Az.: 7 AZR 728/08). Zum fortzuzahlenden Arbeitsentgelt zählen auch die bei Arbeitsleistung anfallenden Nebenbezüge wie z. B. Erschwernis- und Schmutzzulagen, Inkassoprämien, Zuschläge für Mehr-, Nacht- oder Sonntagsarbeit (BAG Urteil vom 23.6.2004, Az.: 7 AZR 514/03). Obschon der Kläger im streitgegenständlichen Fall durch den Arbeitsbeginn 7 Uhr die Erschwernisse der Nachtarbeit tatsächlich nicht hinnehmen musste, sind ihm die Zuschläge nach § 37 Abs. 2, 78 Satz 2, 2. Alt. BetrVG zu gewähren. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn es um Aufwandsentschädigungen gehe, die einen entsprechenden Mehraufwand abdecken sollten. Dient eine Leistung nicht vorwiegend der Abgeltung eines wirklichen Mehraufwands, sondern sollen jedenfalls auch besondere Belastungen ausgeglichen werden, etwa nervlicher oder körperlicher Art, wird sie dem Betriebsratsmitglied nach dem Lohnausfallprinzip auch gewährt.



    Nicht zu verwechseln ist der streitgegenständliche Fall mit den in der Vergangenheit wiederholt entschiedenen Fällen von in Schichtarbeit tätigen Betriebsratsmitgliedern, die aufgrund ihrer Betriebsratstätigkeit ihre Schicht nicht antreten können. Hierzu hat das LAG Köln, Urteil vom 17.10.2003, 12 Sa 804/03, dem Betriebsratsmitglied ebenso die Nachtarbeitszuschläge zugesprochen und von ihm nicht erwartet, dass er seine Schicht mit einem anderen Arbeitnehmer tauscht, nur weil ihm die Termine lange vorher bekannt waren, an denen er vormittags für den Betriebsrat tätig werden musste. Etwas anderes gelte allerdings dann, wenn das Betriebsratsmitglied, ohne dass dafür eine Notwendigkeit bestand, seine Nachtschicht mit einem Arbeitskollegen getauscht hat und er sich so die Nachtschichtzulagen erschleicht.



    Die aktuelle Entscheidung des LAG Köln steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte und des Bundesarbeitsgerichtes. Selbst wenn es paradox erscheint, dass ein Arbeitnehmer Nachtarbeitszuschläge bekommt, wenn er nicht nachts tätig wird, ist die Entscheidung konsequent. Sinn des § 37 Abs. 2 BetrVG ist es, für den Arbeitnehmer wirtschaftliche Nachteile aufgrund seiner Entscheidung im Betriebsrat mitzuarbeiten, zu vermeiden. Nachtarbeitszuschläge werden auch im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle berücksichtigt (LAG Köln, Urteil vom 12.3.2009, Az.: 7 Sa 1258/08), auch in einem solchen Fall bestehen für den Arbeitnehmer die Erschwernisse der Nachtarbeit nicht. Damit kann der Zeitpunkt der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit keine Rolle spielen.




    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/14

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