Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

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    OLG Düsseldorf bestätigt Meilicke Hoffmann bei zur Frage des Beginns der dreijährigen Verjährungsfrist für die Rückforderung von Überzahlungen nach unbilliger Leistungsbestimmung

    Nach einem Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorf vom 24.10.2014, Az.: I-17 U 56/14, beginnt die dreijährige Verjährungsfrist für Rückzahlungsansprüche aufgrund zuviel berechneter Darlehenszinsen aufgrund einer fehlerhaften Zinsanpassung seitens der Bank erst mit der Festsetzung der angemessenen Leisutngshöhe durch das Gericht.



    Gegenstand des Verfahrens waren Rückzahlungsansprüche eines niedergelassenen Arztes gegen seine Bank für seit dem Jahr 2000 zuviel berechnete Darlehenszinsen.Die Bank hatte, wie häufig in Darlehensverträgen mit Unternehmern und gewerblichen Kunden, eine variable Verzinsung vereinbart. Bei solchen Verträgen muss die Bank die Zinsen grundsätzlich entlang der Entwicklung bestimmter Referenzzinssätze anpassen. Die Bank hatte aber häufig bei Absinken des allgemeinen Zinsniveaus verspätet oder in zu geringem Umfang die Vertragszinsen gegenüber dem Kunden angepasst. Dagegen wurden Zinserhöhungen am Markt schnell und vollständig an den Kunden weitergegeben. So hatte sich die Bank im Lauf der Jahre ihre Marge heimlich und entgegen den vertraglichen Verpflichtungen um mehrere Prozentpunkte erhöht. Hierdurch und durch den Zinseszinseffekt hatte der Kunde über die Vertragslaufzeit hin mehrere 10.000 € zu viel an Zinsen bezahlt. Gegen den an sich unstreitigen Rückzahlungsanspruch des Kunden erhob die Bank die Einrede der Verjährung für alle Teilbeträge, die mehr als drei Jahre zurücklagen. In vergleichbaren Fällen haben viele Gerichte in der Vergangenheit solchen Verjährungseinreden der Banken stattgegeben.



    Dem ist das Oberlandesgericht Düsseldorf entgegengetreten, weil es sich bei dem Zinsanpassungsrecht der Bank (gleichzeitig eine Pflicht zur Zinsabsenkung in Niedrigzinsphasen) um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht im Sinne des § 315 BGB handelt. Nimmt der Berechtigte in einem solchen Fall eine unbillige Leistungsbestimmung vor, entfaltet diese keine Bindungswirkung. Vielmehr erfolgt in solchen Fällen die Bestimmung der richtigen Leistungshöhe erst durch Gerichtsurteil (§ 315 Abs. 3 BGB). Daraus hat das OLG Düsseldorf für den Rückforderungsanspruch des übervorteilten Kunden folgende Konsequenz gezogen:



    "Da nämlich die Höhe der berechtigten Zinsansprüche der Beklagten erst durch das Gericht abschließend festgestellt wird, sind auch die damit korrespondierenden Bereicherungsansprüche des Klägers auf die Erstattung der von ihm geleisteten Überzahlungen erst mit Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Höhe der berechtigten Zinsansprüche überhaupt entstanden und können daher auch erst von diesem Zeitpunkt an der Verjährung unterfallen."



    Für diese Rechtsauffassung hat sich das OLG Düsseldorf auch auf einen von uns zitierten Aufsatz eines BGH-Richters, veröffentlicht in einer schlecht zugänglichen Festschrift, berufen. Unter dem Eindruck des zitierten Hinweisbeschlusses konnten wir einen für den Mandanten außerordentlich günstigen Vergleich abschließen, da die Bank unter allen Umständen die Veröffentlichung eines für sie nachteiligen Urteils vermeiden wollte. Er erhielt die überzahlten Zinsen nebst Zinseszinseffekt zurück, daneben verauslagte Kosten für einen Finanzsachverständigen, der die Ansprüche berechnet hatte. Zusätzlich übernahm die Bank sämtliche Verfahrenskosten.



    Die Bedeutung des Hinweisbeschlusses besteht darin, dass den Banken und anderen "Leistungsbestimmungsberechtigten" damit die wohlfeile Verjährungseinrede aus der Hand geschlagen wird. Denn in vielen Fällen summieren sich die Überzahlungen über viele Jahre hinweg auf - fünf oder gar sechstellige - Euro-Beträge (in einem weiteren Verfahren konnten wir vergleichsweise eine Zinsrückzahlung von 185.000,00 € durchsetzen, in vielen anderen Verfahren ebenfalls sehr beträchtliche Summen).



    Anwendungsfälle für diese Rechtsprechung sind nicht nur überzahlte Darlehenszinsen, sondern auch alle anderen denkbaren Arten von Überzahlungen an einseitig zur Leistungsbestimmung berechtigte Vertragspartner. Dies können Versicherungsunternehmen sein, denen einseitig ein Anpassungsrecht bezüglich der Versicherungsprämien zusteht, ebenso Energieversorger, die die Höhe von Strom-oder Gasentgelten festlegen können (gegenüber letzteren ist die Rechtsprechung aber häufig sehr großzügig). Daneben lassen sich die Feststellungen des OLG Düsseldorf auch auf Leistungsbestimmungsrechte durch Dritte gemäß § 317 BGB übertragen. Denkbar sind hier etwa Fälle, in denen einem außenstehenden Dritten, etwa einem Sachverständigen, einer Berufskammer oder anderen das Recht zur Bestimmung einer Leistung zwischen zwei Vertragspartnern überlassen wurde (etwa die Höhe einer Vertragsstrafe). Zu beachten ist hier allerdings, dass das Leistungsbestimmungsrecht des Dritten nicht schon bei einfacher "Unbilligkeit", sondern nur bei "offenbarer Unbilligkeit" unwirksam ist (§ 319 Abs. 1 BGB).



    Unsere Beobachtung in sehr vielen Fällen ist, dass bei variabel verzinsten Darlehen in Niedrigzinsphasen, also derzeit seit dem Jahr 2009, aber etwa auch in den Jahren 2002 bis 2006 und teilweise auch in den 1990er Jahren, fehlerhafte Zinsanpassungen erfolgt sind. Für viele Bankkunden könnte es daher lohnend sein, die zurückliegende Belastung aus variabel verzinsten Darlehen (etwa auch Betriebsmittelkrediten u.a.) nochmals einer Überprüfung zu unterziehen.



    Dr. Gerd Krämer

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/15

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