Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

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    OLG Karlsruhe: Paketaktionärin setzt mit Meilicke Hoffmann Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung durch

    Meilicke Hoffmann & Partner hat für eine Paketaktionärin vor dem OLG Karlsruhe erfolgreich eine gerichtliche Ermächtigung gemäß § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung durchgesetzt. Einziger Tagesordnungspunkt der inzwischen durchgeführten Hauptversammlung war die Beschlussfassung über die Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen frühere und aktuelle Organmitglieder und den Mehrheitsaktionär der Gesellschaft sowie die Bestellung eines besonderen Vertreters zu diesem Zwecke.



    Derselbe Tagesordnungspunkt war bereits Gegenstand einer vorangegangenen Hauptversammlung der Gesellschaft gewesen. In dieser hatte der Versammlungsleiter den Beschlussantrag zu diesem Tagesordnungspunkt mit der Begründung nicht zur Abstimmung gestellt, der Antrag sei seiner Meinung nach unter anderem deshalb rechtsmissbräuchlich, weil er die geltend zu machenden Ersatzansprüche nicht hinreichend substantiiere und dem besonderen Vertreter Befugnisse einräume, die diesem nach den gesetzlichen Vorgaben nicht zustünden und auch nicht zustehen könnten.



    Eine Aktionärin, die über 5% am Grundkapital der Gesellschaft hält, hat daraufhin umgehend ein Verlangen auf Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung mit demselben Tagesordnungspunkt gestellt. Nachdem der Vorstand dieses zurückgewiesen hatte, beantragte sie vertreten durch Meilicke Hoffmann & Partner nach § 122 Abs. 3 Satz 1 AktG, sie gerichtlich zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung mit dem genannten Tagesordnungspunkt zu ermächtigten.



    Der Antrag hatte vor dem erstinstanzlich zuständigen AG Mannheim Erfolg. Das OLG Karlsruhe wies die hiergegen gerichtete Beschwerde der Gesellschaft zurück. Beide Gerichte stellten insbesondere klar, dass das Einberufungsverlangen vom Vorstand nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden durfte, es sei rechtmissbräuchlich, weil die geltend zu machenden Ersatzansprüche nicht hinreichend bestimmt bezeichnet bzw. substantiiert dargelegt worden seien und dem besonderem Vertreter nach dem im Einberufungsverlangen angekündigten Beschlussantrag Kompetenzen verliehen werden sollten, die ihm nach der Konzeption des Gesetzes nicht zustehen könnten. Das Einberufungsverlangen benenne die Anhaltspunkte, aus denen nach Auffassung der Antragstellerin Ersatzansprüche gegen die Organmitglieder und den Mehrheitsaktionär folgten. Darüber, ob diese Anhaltspunkte ausreichten, um auf ihrer Grundlage die Geltendmachung von Ersatzansprüchen zu beschließen, habe nicht der Vorstand zu befinden. Vielmehr müsse dies ebenso der Hauptversammlung überlassen bleiben, wie die Frage, mit welchen Rechten der besondere Vertreter ausgestattet werden solle. Ob die Hauptversammlung bei ihrer Beschlussfassung die gesetzlichen Grenzen überschritten habe, sei dann gegebenenfalls in einem Anfechtungsverfahren zu klären.



    Im Anschluss an die Entscheidung des OLG Karlsruhe setzte die siegreiche Antragstellerin sodann die gerichtliche Bestellung eines neutralen Versammlungsleiters an Stelle des satzungsmäßig zur Versammlungsleitung berufenen Aufsichtsratsvorsitzenden durch, der in der ersten Hauptversammlung eine Beschlussfassung zu dem einzigen Tagesordnungspunkt der außerordentlichen Hauptversammlung rechtswidrig vereitelt hatte.



    Die genannten Verfahren betreffen einen Punkt von hoher Aktualität. In jüngerer Zeit war mehrfach zu beobachten, dass Versammlungsleiter Beschlussanträge von Aktionären, die einen aus Sicht von Vorstand, Aufsichtsrat und Mehrheitsaktionär unangenehmen Inhalt hatten und aufgrund eines Stimmverbotes des Mehrheitsaktionärs in der Hauptversammlung eine Mehrheit zu erhalten "drohten", wegen angeblicher Missbräuchlichkeit etc. schlicht nicht zur Abstimmung stellten und dadurch eine Beschlussfassung zu diesen Anträgen vereitelten. Auf eine solche "Notbremse durch den Versammlungsleiter" wird insbesondere bei Anträgen auf Beschlussfassung über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 147 Abs. 1 und 2 AktG zunehmend zurückgegriffen, wenn der Mehrheitsaktionär - wie etwa häufig in Konzernsituationen - selbst Gegner der geltend zu machenden Ersatzansprüche ist und daher einem Stimmverbot nach § 136 Abs. 1 Satz 1, 2. Alt AktG unterliegt. Die überzeugend begründeten Entscheidungen des Amtsgerichts Mannheim und des OLG Karlsruhe treten dieser Praxis entgegen. Allerdings steht der von der Aktionärin im geschilderten Fall beschrittene Weg zur Abwehr eines solchen Vorgehens durch umgehende Erwirkung einer gerichtlichen Ermächtigung zur Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung nur Aktionären offen, die mindestens 5% am Grundkapital der betreffenden Gesellschaft halten.




    Dr. Thomas Heidel
    Dr. Matthias Schatz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 8/14

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