Meilicke Hoffmann und Partner - Anwaltskanzlei Bonn

    Newsletter

    OLG München zum einstweiligen Rechtsschutz eines Gesellschafters gegen seiner Meinung nach falscher Gesellschafterliste

    Beschließen die Gesellschafter einer GmbH die Einziehung des Geschäftsanteils eines ihrer Mitgesellschafter aus wichtigem Grund, werden häufig auch gleichzeitig Fakten geschaffen: Auch wenn der von der Einziehung betroffene Gesellschafter gegen den Einziehungsbeschluss klageweise vorgeht, reicht die GmbH häufig eine neue Gesellschafterliste zum Handelsregister ein, in der der von der Einziehung Betroffene nicht mehr als Gesellschafter genannt ist.

    Da er nicht mehr in der Gesellschafterliste aufgeführt ist, hat er in den Gesellschafterversammlungen kein Stimmrecht mehr, kann gegen Gesellschafterbeschlüsse nicht mehr klageweise vorgehen und ist auch nicht mehr am Gewinn der Gesellschaft beteiligt – und zwar unabhängig davon, ob seine Klage gegen den Einziehungsbeschluss Erfolg hat oder nicht (§ 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG).

    Es war gerichtlich bisher nicht eindeutig geklärt, ob der von der Einziehung betroffene Gesellschafter sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen ein solches Vorgehen der GmbH wehren und verlangen kann, dass er bis zur Entscheidung über seine Klage gegen den Einziehungsbeschluss in der Gesellschafterliste als Gesellschafter aufgeführt bleibt. Das OLG München hat jetzt durch Beschluss vom 18.05.2021 (Az. 7 W 718/21) einen solchen Anspruch des betreffenden Gesellschafters bejaht. Er könne von der Gesellschaft verlangen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Einziehungsbeschlusses als Gesellschafter behandelt zu werden. Voraussetzung dafür sei nicht – so das OLG München –, dass die Rechtslage eindeutig ist und der Einziehungsbeschluss mit Sicherheit rechtswidrig ist. Es reiche aus, dass mit „überwiegende[r] Wahrscheinlichkeit“ von einer fehlerhaften Einziehung ausgegangen werden könne.

    Die Entscheidung des OLG München ist für Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern von erheblicher Bedeutung. Kann sich der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil von der Einziehung bedroht ist, gegen seine „Streichung“ aus der Gesellschafterliste im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Wehr setzen, erhöht dies regelmäßig auch seine Position bei Vergleichsverhandlungen mit den übrigen Gesellschaftern. Bei Streitigkeiten über die Zulässigkeit der Einziehung des Geschäftsanteils eines Gesellschafters – über dessen Ausschluss aus der GmbH – geht es letztlich häufig gar nicht mehr um das Ob des Ausscheidens, sondern um die Bedingungen des Ausscheidens – insbesondere um die finanzielle Kompensation des Betroffenen.


    Dr. York Srothmann

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 7/21

    Drucken | Teilen



    Ähnliche Artikel

    OLG Brandenburg zu den Folgen eines Entlastungsbeschlusses der Gesellschafter für die Haftung des Geschäftsführers

    Die Haftung von Organmitgliedern der Gesellschaft gegenüber spielt in der gesellschaftsrechtlichen Praxis eine zentrale Rolle. Vor allem GmbH-Geschäftsführer sehen sich häufig Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft ausgesetzt. Eine wichtige Verteidigungslinie des Geschäftsführers ist in solchen Fällen sein Hinweis auf einen von der Gesellschafterversammlung gefassten Entlastungsbeschluss.