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    Raucherpausen sind unbezahlte Freizeit

    Hat der Arbeitgeber in der Vergangenheit während Raucherpausen, für die die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen dürfen, das Entgelt weiterbezahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt.

    Nach einer arbeitgeberseitigen Betriebsanweisung wurde im streitgegenständlichen Fall das Rauchen am Arbeitsplatz, in den Aufenthaltsräumen sowie Toiletten verboten. In einer Betriebsvereinbarung wurde sodann mit dem Betriebsrat vereinbart, dass beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen die nächstgelegenen Zeiterfassungsgeräte zum Ein- und Ausstempeln zu benutzen sind. Das führte dazu, dass dem Kläger für den Monat Januar 19 Minuten, für den Monat Februar 104 Minuten sowie für den Monat März 39 Minuten von der Arbeitszeit für Raucherpausen abgezogen wurden. Das Landesarbeitsgericht Nürnberg, Az.: 5 Sa 58/15, hat in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils den Anspruch des Klägers auf Nachzahlung des gekürzten Gehaltes abgewiesen.

    Das LAG hat sich vertieft mit der Frage beschäftigt, ob der Arbeitnehmer sich zur Begründung seines Anspruchs auf eine betriebliche Übung berufen kann, da in der Vergangenheit die Raucherpausen nicht abgezogen wurden. Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmer einer bestimmten Gruppe schließen können, ihnen soll eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs sei nicht der Verpflichtungswille des Arbeitgebers. Es sei vielmehr maßgeblich, wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Umstände verstehen durfte.

    Allein aus dem Umstand, dass bis zum Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung für Raucherpausen kein Abzug vorgenommen wurde, ist nicht zu entnehmen, dass dies auch für die Zukunft so gewollt sei. Gerade die Tatsache, dass der Arbeitgeber zuvor keinen Überblick über das Ausmaß der Raucherpausen hatte, begründe keine hinreichende Kenntnis des Arbeitgebers und damit fehle es an einem hinreichend bestimmten Angebot einer Leistung. Selbst die gesetzlich vorgeschriebenen Pausen seien ohne sonstige Grundlage unbezahlte Pausen. Es gäbe deshalb keinen Grund für den Arbeitnehmer, anzunehmen, dass die Raucherpause anders zu behandeln sei.

    Gegen das Entstehen einer betrieblichen Übung spräche auch, dass es sich bei der Bezahlung der Raucherpausen nicht um materielle Zuwendungen handele, die die wirtschaftliche Lage der Arbeitnehmer verbessern. Vielmehr erhalten die Raucher lediglich mehr freie Zeit. Bei der Gewährung zusätzlicher freier Tage oder Stunden aus besonderem Anlass sei für die Annahme einer betrieblichen Übung höchstrichterlich jedoch Zurückhaltung geboten.

    Ein Vertrauen der Raucher auf Beibehaltung der Bezahlung der Raucherpausen könne auch deshalb nicht entstehen, da dies offensichtlich zu einer Ungleichbehandlung mit den Nichtrauchern führe. Diese müssen für das gleiche Geld mehr Arbeitsleistung erbringen als die Raucher. Dies sei auch den rauchenden Mitarbeitern ohne weiteres erkennbar. Letztlich sei auch allgemein bekannt, dass Rauchen der Gesundheit abträglich sei, so dass die Bezahlung der Raucherpausen im Ergebnis sogar ein Anreiz zum Rauchen wäre.

    Diese Entscheidung zeigt die gleiche Tendenz auf, wie die Entscheidungen zur privaten Nutzung des Internet während der Arbeitszeit. Auch insoweit hat das Bundesarbeitsgericht (Az.: 2 AZR 581/04) relativ strenge Anforderungen gestellt und die private Nutzung des Internets an zwei Tagen für ca. eine Stunde als Grund für eine außerordentliche Kündigung wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten anerkannt. Dabei hatte das BAG diesen Zeitensatz als „erheblichen zeitlichen Umfang“ qualifiziert. Eine halbe Stunde ist auch bei drei Zigaretten im Durchschnitt schnell erreicht.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 2/16

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