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    Schadensersatzansprüche gegen mit Banken kooperierende Beratungsunternehmen

    Banken und Versicherungsgesellschaften kooperieren oft mit Beratungsunternehmen, die für sie betriebswirtschaftliche Gutachten zur wirtschaftlichen Situation ihrer Kunden erstellen. Zuweilen geht es um ihre Privatkunden, meist jedoch gewerbliche Kunden. Die Gutachten dienen häufig dazu, den Kunden Vertragsgestaltungen zu empfehlen oder die Höhe von - tatsächlich oder auch nur vermeintlich angemessenen - Darlehenszinsen oder Versicherungsbeiträgen zu ermitteln. Kunden ist häufig nicht bewusst, dass sie Ansprüche unmittelbar gegen das Beratungsunternehmen haben können, wenn deren Gutachten falsch sind. Es können auch Schadensersatzansprüche gegen die Bank oder die Versicherungsgesellschaft bestehen, wenn diese ohne Not auf die Begutachtung gedrängt hatten.

    In einem von uns betreuten Fall hat das Landgericht Koblenz ein Beratungsunternehmen zur vollständigen Erstattung von Gutachterhonoraren und zur Leistung von Schadensersatz an unsere Mandantin verurteilt. Die Beraterfirma (KOCK+VOESTE GmbH), die mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank eG (apoBank) kooperierte, hatte zu Unrecht die Kündigung von Kapitallebensversicherungen unserer Mandantin bei dieser Bank empfohlen (Urteil vom 14.06.2017, Az. 4 O 272/15).

    Im Laufe des Prozesses hatte sich herausgestellt, dass das Beratungsunternehmen eine Konzerngesellschaft der Bank ist. Deren Beauftragung hatte die Bank in sehr vielen Fällen den Kunden geradezu aufgezwungen. In Fällen tatsächlicher oder vermeintlicher Schieflagen von Darlehensverhältnissen mahnen Banken häufig die Beauftragung einer Expertise an. Sie vermitteln den Kunden den Eindruck, dass andernfalls eine Kündigung des Kreditengagements in Betracht komme. Die Beratungshonorare hat der Kunde selbst zu tragen. Aufgrund der Konzernverflechtung fließen diese - ohne Kenntnis des Kunden - zu nicht unerheblichen Teilen letztlich der Bank zu.

    In dem von uns geführten Prozess hat das Landgericht Koblenz festgestellt, dass zwei von der Beratungsfirma erstellte Gutachten auf fehlerhaften Analysen beruhten; sie waren letztlich gänzlich unbrauchbar. Auf Basis der fehlerhaften Gutachten hatte die Beratungsgesellschaft eine „existenzbedrohliche Liquiditätskrise“ der von uns vertretenen Kundin behauptet. Tatsächlich lag diese überhaupt nicht vor. Das Gutachten mündete in die Empfehlung, zur Verbesserung der Liquidität zwei Lebensversicherungsverträge mit einer Versicherungsgesellschaft (ebenfalls aus dem Umfeld der Bank) zu kündigen, obwohl die vorzeitige Kündigung zu hohen Verlusten führte. Die Beratungsgesellschaft leitete ihre (inhaltlich falschen) Analysen unmittelbar an die Bank weiter. Diese erhöhte daraufhin die Darlehenszinsen gegenüber der Kundin.

    Der Fall zeigt, dass bei der mehr oder weniger „erzwungenen“ Beauftragung von Gutachten auf Veranlassung einer Bank oder eines Versicherers große Vorsicht geboten ist. Kunden sollten stets überprüfen, in welchem Verhältnis die Beratungsfirma zu der Bank bzw. dem Versicherer steht und ob überhaupt eine unabhängige und neutrale Begutachtung zu erwarten ist. Sie sollten immer darauf achten, dass die Gutachten nicht vor der abschließenden Abstimmung mit ihnen in die Hände der Bank bzw. Versicherungsgesellschaft kommen. Führt das Gutachten zu negativen Folgen für den Kunden, sollte man prüfen, ob die Expertise einer objektiven Überprüfung Stand hält. Wenn das nicht der Fall ist, liegen Schadensersatzansprüche gegen die Beratungsfirma und ggf. die Bank bzw. Versicherungsgesellschaft nahe.

    Dr. Gerd Krämer

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/17

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