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    "Schuster bleib bei deinen Leisten": BGH zur Haftung von Vorstandsmitgliedern für Schäden der AG aus vom Unternehmensgegenstand nicht gedeckten Geschäften

    Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 15. Januar 2013, Az.: II ZR 90/11) illustriert die Haftungsrisiken, denen sich Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer aussetzen, wenn sie bei ihrer Tätigkeit die Grenzen des in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstandes missachten:

    Die Beklagten waren Vorstandsmitglieder einer AG. Satzungsmäßig festgelegter Gegenstand des Unternehmens war der Betrieb einer Hypothekenbank i.S.d. Hypothekenbankgesetzes. Nach der seinerzeit geltenden Fassung dieses Gesetzes war Hypothekenbanken der Anschluss von Zinsderivatgeschäften nur unter engen Voraussetzungen erlaubt. Obwohl diese Voraussetzungen nicht vorlagen, tätigten die Beklagten Zinsderivatgeschäfte in großem Umfang. Aufgrund dieser Geschäfte erlitt die AG einen hohen Schaden, dessen Ersatz sie nunmehr von den Beklagten begehrt. Der Bundesgerichtshof hat eine zum Schadensersatz verpflichtende Pflichtverletzung der beklagten Vorstandsmitglieder bejaht, weil der Abschluss der konkreten Zinsderivatgeschäfte vom Unternehmensgegenstand der AG nicht gedeckt war und sich deshalb als unzulässiges Spekulationsgeschäft darstellte.

    Der satzungsmäßig festgelegte Unternehmensgegenstand zieht der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes eine äußere Grenze; er steckt den Bereich des rechtlichen "Dürfens" für die Vorstandsmitglieder ab. Diesen ist es grundsätzlich verboten, die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft auf Bereiche auszudehnen, die vom satzungsmäßig festgelegten Unternehmensgegenstand nicht gedeckt sind. Ein Verstoß gegen dieses Verbot lässt zwar die Wirksamkeit des betreffenden Geschäftes unberührt, begründet jedoch eine Pflichtverletzung, aufgrund derer das Vorstandsmitglied der AG zum Ersatz eines aus dem betreffenden Geschäft entstandenen Schadens verpflichtet ist. Die Vorstandsmitglieder können ihrer Ersatzpflicht auch nicht entgegenhalten, dass sie bei Durchführung des Geschäftes im Übrigen pflichtgemäß, insbesondere hinreichend sorgfältig gehandelt haben, denn bei pflichtgemäßem Verhalten hätten sie das betreffende Geschäft schlicht ganz unterlassen müssen.

    Besteht der Vorstand aus mehreren Mitgliedern, so ist jedes Mitglied verpflichtet, gegen die Vornahme vom Unternehmensgegenstand nicht gedeckter Geschäfte durch ein anderes Vorstandsmitglied einzuschreiten, sobald es hiervon erfährt. Andernfalls läuft es Gefahr, sich selbst schadensersatzpflichtig zu machen. Gleiches gilt für die Mitglieder des Aufsichtsrates, die die Rechtmäßigkeit des Vorstandshandelns zu überwachen haben.

    Dr. Matthias Schatz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 3/13

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