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    Wenig überraschend: Kündigung wegen der Einführung des Mindestlohns nicht möglich

    Im April 2015 hatte sich das Arbeitsgericht Berlin erneut mit Fragen des gesetzlichen Mindestlohns zu befassen und eine mit der Einführung des Mindestlohns begründete Kündigung für unwirksam erachtet.



    Gegenstand des Rechtstreits war u.a. die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, nachdem der Arbeitnehmer die Reduzierung seiner Arbeitsstunden unter gleichzeitiger Anpassung des Stundenlohns auf Mindestlohnniveau abgelehnt hat. Der Kläger war in einem Kleinstbetrieb seit ca. 6 Jahren als Hauswart mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 14 Stunden zu einem Stundenlohn von 5,19 Euro brutto tätig. Anfang Januar 2015 bot der Beklagte dem Kläger den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 brutto Euro bei Reduzierung der Arbeitszeit auf 32 Stunden pro Monat an, was der Kläger ablehnte. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis gekündigt.



    Das Arbeitsgericht Berlin, Az.: 28 Ca 2405/15, hat die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 612a BGB als unwirksam betrachtet. § 612a BGB verbiete dem Arbeitgeber, einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder Maßnahme gerade deshalb zu benachteiligen, weil dieser " in zulässiger Weise seine Rechte ausübe". Im Streitfall sei klar, dass der Beklagte seine vermeintlich operative Gestaltungsmacht zu Unrecht mobilisiere, um sich den wirtschaftlichen Konsequenzen der neuen Gesetzeslage zu entziehen. Das Gericht ließ dabei ausdrücklich den Vortrag des Beklagten, der Kläger würde seine Arbeitszeiten entsprechend § 17 Abs. 1 S. 1 MiLoG nicht dokumentieren, nicht ausreichen, obschon aus Sicht des Beklagten sich dadurch die Gefahr einer Ordnungswidrigkeit für den Beklagten ergebe. Zur Durchsetzung solcher Ansprüche hätte der Arbeitgeber zunächst die Mittel der Abmahnung.



    Die Entscheidung überrascht nicht. Überraschend ist allerdings ein Nebensatz im Zusammenhang mit der Pflicht zur Arbeitszeitenaufzeichnung. Das Gericht stellte beiläufig fest, dass dem Beklagten selbstverständlich keine Bußgelder drohten, solange das Unvermögen zur Beibringung der von § 17 Abs. 1 S. 1 MiLoG geforderten Arbeitszeitaufzeichnungen am Arbeitnehmer läge. Ob das eine Lösung für die Probleme der Praxis bei der Aufzeichnung der Arbeitszeiten - insbesondere bei nachts arbeitenden Reinigungskräften - ist, bleibt abzuwarten.



    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 7/15

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