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    Wichtiger Etappensieg für Telekom-Kläger

    Der BGH hat mit Beschluss vom 21.10.2014, Az:. XI ZB 12/12, die Entscheidung der Vorinstanz (Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 16.05.2012) aufgehoben und an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Es geht hier um das bislang größte "Kapitalanleger-Musterverfahren" seit dessen Inkrafttreten im Jahr 2005 (aus Anlass gerade der Tausende von Telekom-Klägern), mit dem rund 17.000 Zeichner der Telekom-Aktie Schadensersatz von der Deutschen Telekom AG wegen deren sog. "Dritten Börsengang" im Jahr 2000 verlangen. Sie haben eine Vielzahl möglicher Prospektfehler geltend gemacht, und die Telekom könnte im Falle eines endgültigen Prozesserfolgs der Anleger zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt bis zu 80 Mio. € verpflichtet sein.



    Der BGH hat jetzt das Vorliegen jedenfalls eines Prospektfehlers festgestellt. Dieser liege darin, dass die Deutsche Telekom AG in dem Prospekt im Jahr 2000 einen Buchgewinn von mehr als 8 Mrd. € aus einer im Jahr 1999 erfolgten Übertragung der ursprünglich von der Telekom gehaltenen Aktie des US-amerikanischen Telekommunikations-Unternehmens Sprint Corporation (Sprint) erzielt hätte. Tatsächlich - so der BGH - sei diese Darstellung fehlerhaft gewesen, weil die Sprint-Aktien gar nicht mit endgültigem Gewinn für die Telekom verkauft worden seien, sondern die Aktien nur im Wege einer Sacheinlage auf die 100%ige Konzerntochter der Telekom, die NAB Nordamerika Beteiligungs Holding GmbH (NAB), übertragen worden sein (sog. Umhängung). Dadurch sei letztlich trotz Übertragung der Aktien das Risiko eines Kursverlustes der Sprint-Aktien mit allen dividenenrelevanten Abschreibungsrisiken bei der Telekom verblieben.



    Weitere Fehler hat der BGH nicht festgestellt, insbesondere ist er der Auffassung der Kläger, die Telekom habe im Jahr 2000 ihr Immobilienvermögen in unrealistischer Höhe im Prospekt dargestellt, nicht gefolgt. Das Verfahren ist noch nicht zu Ende, da der BGH die Sache an das OLG Frankfurt am Main zurückverwiesen hat, damit dieses weitere Fragen, insbesondere die Frage der Kausalität des Prospektfehlers für die Anlageentscheidungen der Kläger sowie die Frage des Verschuldens der Telekom AG, prüft. Deshalb wird das bereits seit vielen Jahren anhängige Verfahren wohl noch weitere Jahre dauern. Die Erfolgsaussichten für die Kläger sind aber durch den klar festgestellten Prospektfehler deutlich gestiegen.



    Mit seinem Beschluss hat der BGH auch Stellung zu einem wichtigen Nebenaspekt genommen: Die Deutsche Telekom AG hatte eingewendet, dass mit der ursprünglichen Klage nicht alle später relevant gewordenen Aspekte streitgegenständlich gemacht worden seien. Die erst nach Eintritt der Verjährung in das Verfahren eingeführten Aspekte dürften deshalb nicht mehr zu einem Klageerfolg für die Anleger führen, da solche Ansprüche verjährt seien. Dem ist der Bundesgerichtshof in Fortführung seines Grundsatzurteils vom 22.10.2013, BGHZ 198, 294 ff., entgegengetreten und hat entschieden, dass auch für die Frage des Umfangs der Verjährungshemmung der weite prozessuale Streitgegenstandsbegriff entscheidend sei, der auch für die Bestimmung der Rechtskraft eines Urteils gelte. Dies ist insbesondere für zahlreiche Güteverfahren vor Schlichtungsstellen relevant, die in vielen Fällen kurz vor Ende eines Jahres zur Verjährungshemmung eingereicht wurden.



    Dr. Gerd Krämer

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 12/14

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