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    Erste gerichtliche Entscheidung zum neuen Restrukturierungsgesetz (StaRUG)

    Die Geschäftsführer einer GmbH und GmbH & Co. KG sowie die Vorstände einer AG sind verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung der Gesellschaft unverzüglich Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Amtsgericht zu stellen. Kommen sie dieser Verpflichtung innerhalb von drei bzw. sechs Wochen nicht nach, führt dies zu ihrer persönlichen Haftung. Außerdem machen sie sich strafbar.

    Durch das am 01.01.2021 in Kraft getretene Unternehmensstabilisierungs- und ‑restrukturierungsgesetz (StaRUG) hat der Gesetzgeber Geschäftsführern und Vorständen eine Möglichkeit an die Hand gegeben, Unternehmen auch außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu sanieren – und zwar auch gegen den Widerstand einzelner Gläubiger und ohne, dass die Öffentlichkeit unbedingt hiervon erfährt.

    Voraussetzung für die Durchführung eines entsprechenden Verfahrens ist die drohende Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens. Dies bedeutet, dass das Unternehmen zwar im Moment noch alle Verpflichtungen erfüllen kann – also nicht zahlungsunfähig ist –, aber innerhalb der nächsten 24 Monate der Zeitpunkt eintreten wird, in dem nicht mehr alle Zahlungsverpflichtungen erfüllt werden können.

    Kernstück des StaRUG ist der Restrukturierungsplan. Um hinreichend Zeit für die Planerstellung zu haben, kann das Gericht für einen Zeitraum bis zu vier Monaten eine Vollstreckungs- und Verwertungssperre (Moratorium) anordnen.

    Dem Inhalt eines Restrukturierungsplans werden durch das Gesetz gewisse Grenzen gesetzt. Sollen etwa werthaltige Sicherheiten restrukturiert werden, muss der Sicherungsgläubiger entschädigt werden. Ein Eingriff in bestehende Vertragsverhältnisse ist grundsätzlich nicht zulässig. Möglich ist dagegen ein Debt-to-Equity-Swap – also die Umwandlung von Forderungen in Gesellschaftsbeteiligungen.

    Anders als bei einer Vereinbarung mit den Gläubigern im Rahmen eines Insolvenzverfahrens müssen nach dem StaRUG grundsätzlich 75 % aller Gläubiger (berechnet nach dem Nominalwert der Forderungen) dem Restrukturierungsplan zustimmen. Nach der gerichtlichen Bestätigung des Restrukturierungsplans treten die dort festgelegten Wirkungen ein.

    Als erstes Gericht hatte sich das Amtsgericht Köln in seiner Entscheidung vom 03.03.2021 mit dem neuen Restrukturierungsrecht zu befassen gehabt (AZ: 83 – RES 1/21). Eine der Gläubigerinnen des Unternehmens – eine Bank – hatte sich gegen den Antrag des Unternehmens auf Durchführung des Restrukturierungsverfassens gewandt. Eine maßgebliche Voraussetzung für die Durchführung des Verfahrens, nämlich die drohende Zahlungsunfähigkeit – so die Bank – lägen im konkreten Fall gar nicht vor. Das Gericht ist nach eingehender Prüfung der von dem Unternehmen eingereichten Unterlagen diesem Einwand gefolgt: das Unternehmen habe die drohende Zahlungsunfähigkeit nicht hinreichend dargetan.

    Die Entscheidung des Gerichts zeigt zweierlei: Ist ein Unternehmen sanierungsfähig, bietet das Gesetz die Chance, das Unternehmen zukünftig wieder erfolgreich zu führen. Das neue Gesetz dient indes nicht dazu, Unternehmen, deren Zahlungsunfähigkeit gar nicht in absehbarer Zeit droht, auf Kosten der Gläubiger von Verbindlichkeiten zu befreien. Der Aufarbeitung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens kommt in jedem Fall entscheidende Bedeutung zu.

    Dr. York Srothmann

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 7/21

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