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    EU macht Ernst mit Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltung

    Rechtsanwälte und Steuerberater sollen künftig grenzüberschreitende Steuergestaltungen melden. Das erscheint der Politik der Königsweg zur Verhinderung ungewollter Gestaltungen. Die EU-Finanzminister haben am 13.03.2018 eine politische Einigung erzielt und den Vorschlag einer Richtlinie vorgelegt. Diese sieht zum einen die Meldepflichten sogenannter Intermediäre (z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater und Buchhalter) vor. Zum anderen soll sie den obligatorischen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über gemeldete Steuergestaltungen regeln. Die mitzuteilenden Informationen umfassen neben Informationen über das angewendete Modell auch Angaben zu den Beteiligten, ihre Steueransässigkeit und Steueridentifikationsnummer.

    Zwar sollen nach dem Vorschlag die Mitgliedstaaten Befreiungen für Berufsträger vorsehen, die durch Meldungen gegen die Verschwiegenheitsverpflichtungen ihres jeweiligen Berufsrechts verstießen. Jedoch trifft in diesem Fall die Meldepflicht die beteiligten Steuerpflichtigen unmittelbar.

    Anzeigepflichtig sollen Intermediäre zukünftig sein, wenn sie ein meldepflichtiges, grenzüberschreitendes Modell organisieren, konzipieren, vermarkten, es zur Nutzung bereitstellen oder seine Umsetzung managen. Ein Modell gilt als meldepflichtig, wenn es mindestens eines der in Anhang 4 zur Richtlinie 2011/16/EU aufgeführten Kennzeichen erfüllt. Insofern ist zwischen allgemeinen und spezifischen Kennzeichen zu differenzieren. Allgemeine Kennzeichen sind nur erfüllt, wenn der Hauptvorteil eines Modells darin besteht, einen Steuervorteil zu erlangen; zudem muss nachgewiesen werden, dass dieser Vorteil das von einem derartigen Modell zu erwarten Ergebnis ist (sogenannter Main-Benefit-Test).

    Zu den spezifischen Kennzeichen, für die kein Main-Benefit-Test erforderlich ist, zählen insbesondere Modelle, bei denen der Empfänger

    • in keinem Steuergebiet ansässig ist,
    • in einem Steuergebiet ansässig ist, das keine Körperschaftssteuer erhebt oder eine Körperschaftssteuer mit dem Steuersatz „0“ erhebt oder
    • in einem Drittland ansässig ist, das die Mitgliedstaaten oder eine internationale Organisation als Land mit schädlichen Steuerregelungen einstufen.

    Ein Modell erfüllt die spezifischen Kennzeichen auch, wenn ein Vermögenswert in mehr als einem Steuergebiet abgeschrieben wird oder wenn mehr als ein Steuerzahler eine Befreiung von der Doppelbesteuerung für eine bestimmte Einkunftsart in unterschiedlichen Steuergebieten beantragen kann.

    Die in Anhang 4 zur Richtlinie 2011/16/EU aufgeführten Kennzeichen sind sehr umfassend. Wenn der Entwurf geltendes Recht wird, wird voraussichtlich die große Mehrzahl grenzüberschreitender Steuergestaltungen von der Meldepflicht umfasst sein. In welchem Umfang der deutsche Gesetzgeber von der Befreiungsmöglichkeit für zur Verschwiegenheit verpflichtete Berufsträger Gebrauch machen wird, bleibt abzuwarten. Nach ersten Pressemitteilungen haben sich die Landesfinanzminister im März auf Eckpunkte zur Einführung einer Meldepflicht und der Umsetzung der EU Richtlinie geeinigt. Inhaltliche Einzelheiten sind noch nicht bekannt.

    Dr. Uwe Scholz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/18

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