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    Haftung des GmbH-Geschäftsführers und Verjährung

    Schadensersatzansprüche der GmbH gegen ihren Geschäftsführer verjähren innerhalb von fünf Jahren (§ 43 Abs. 4 GmbHG). Damit ist die Verjährungsfrist zwar länger als die dreijährige Regelverjährung. Anders als bei der Regelverjährung beginnt die Verjährungsfrist aber unabhängig von der Kenntnis der Gesellschaft oder deren grob fahrlässiger Unkenntnis. Nach der Rechtsprechung beginnt der Lauf der Verjährungsfrist, wenn der Schaden „dem Grunde nach“ vorliegt. Er muss noch nicht bezifferbar sein (BGH v. 21.02.2005 – II ZR 112/03, GmbHR 2005, 544). Verschärft wird die Situation für die Gesellschaft noch dadurch, dass es für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist unerheblich ist, ob der Geschäftsführer noch im Amt ist oder nicht (so schon das Reichsgericht, Urt. v. 19.10.1937 – II 59/37, RGZ 156, 291, 300). Häufig erlangt die Gesellschaft daher erst nach Ausscheiden des Geschäftsführers von seinem pflichtwidrigen Verhalten Kenntnis. Dann sieht sich die Gesellschaft regelmäßig mit der vom Geschäftsführer erhobenen Einrede der Verjährung konfrontiert. Trotz des Ablaufs der Verjährungsfrist ist die Gesellschaft indes nicht ohne Weiteres chancenlos: Fünf Möglichkeiten stehen in einem solchen Fall der GmbH zur Verfügung (siehe Strothmann GmbHR 2023, 896 ff.).

    Eine Möglichkeit ist, dass dem Geschäftsführer vorgeworfen werden kann, eine Pflicht zur Aufklärung der Gesellschaft über sein pflichtwidriges Verhalten verletzt zu haben. Zwar hat der BGH eine generelle Pflicht von Organmitgliedern zur Offenlegung von Pflichtverletzungen verneint (BGH v. 21.02.2005 – II ZR 112/03, GmbHR 2005, 544, 545). Dies schließt indes nicht aus, dass der Geschäftsführer aufgrund besonderer Berichts- und Handlungspflichten, die unabhängig von seinem pflichtwidrigen Verhalten bestehen, verpflichtet ist, (auch) über sein pflichtwidriges Verhalten zu informieren. Es entspricht etwa allgemeiner Auffassung, dass der Geschäftsführer einer GmbH verpflichtet ist, die Gesellschafterversammlung ungefragt über alle wichtigen Angelegenheiten der Gesellschaft zu informieren (OLG München v. 23.02.1994 – 7 U 5904/93, BB 1994, 735, 736). Der Verstoß gegen die Verpflichtung des Geschäftsführers gegen seine Offenbarungspflicht darf indes nicht länger als fünf Jahre zurückliegen, sonst hilft dies der Gesellschaft nicht.

    Erheben Organmitglieder die Einrede der Verjährung bei Inanspruchnahme durch die Gesellschaft, kann sich bei Vorliegen besonderer Umstände die Erhebung der Verjährungseinrede als unzulässige Rechtsausübung darstellen. Dann ist die Berufung auf die Verjährungseinrede arglistig und somit unzulässig. Die bloße Untätigkeit oder das bloße Schweigen des Geschäftsführers können aber grundsätzlich den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nicht begründen. Der Geschäftsführer beruft sich dann auf den bloßen Zeitablauf, was ihm das Verjährungsrecht gerade gestattet. Begründet ist der Arglisteinwand aber insbesondere bei einer aktiven Verschleierung des pflichtwidrigen Verhaltens durch den Geschäftsführer. Dies ist etwa der Fall, wenn der Geschäftsführer durch manipulatives Verhalten die Gesellschaft von der rechtzeitigen Klageerhebung abhält, so z.B. bei unrichtigen oder unvollständigen Angaben des Geschäftsführers gegenüber den Gesellschaftern.

    Die Stellung der Gesellschaft ändert sich grundlegend, wenn sie ihren Anspruch gegen den Geschäftsführer (auch) auf die Verletzung einer strafrechtlichen Vorschrift durch den Geschäftsführer stützen kann (dann gilt die kenntnisabhängige dreijährige Regelverjährung; siehe BGH v. 29.09.2008 – II ZR 234/07, GmbHR 2008, 1319, 1322 Rz. 21 m. Anm. Gätsch/Eckhold). Für die Praxis bedeutsam ist insbesondere die Einstufung des pflichtwidrigen schädigenden Verhaltens des Geschäftsführers als Untreue (§ 266 StGB; zivilrechtliche Haftung i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB). Bereits der Abschluss eines für die Gesellschaft riskanten Geschäfts kann den Tatbestand des § 266 StGB erfüllen.

    Bei der Bestimmung des Beginns der fünfjährigen kenntnisunabhängigen Verjährungsfrist des § 43 Abs. 4 GmbHG ist bei mehreren Verstößen grundsätzlich auf die einzelne schädigende Pflichtverletzung abzustellen. Kann das Gesamtverhalten des Geschäftsführers aber als einheitliche Dauerhandlung betrachtet werden, beginnt nach der Rechtsprechung die Verjährung nicht, solange der Eingriff noch andauert. Die Abgrenzung ist in der Praxis häufig schwierig. Der BGH hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2008 auf das Vorliegen eines einheitlichen Tatplans des Geschäftsführers abgestellt (BGH v. 14.07.2008 – II ZR 202/07, GmbHR 2008, 1033, 1034 Rz. 12).

    Schließlich können Pflichtverletzungen dann der kenntnisabhängigen Regelverjährung gem. §§ 195, 199 BGB unterliegen, wenn der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter der GmbH ist und er durch das pflichtwidrige Verhalten zugleich gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstößt. Dies hat der BGH etwa angenommen, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer ein Geschäft vornimmt trotz entgegenstehender Weisung der Gesellschafterversammlung (BGH v. 14.09.1998 – II ZR 175/97, NJW 1999, 781).

    Dr. York Strothmann

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 6/23

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