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    Kann man sich vor der Abwerbung von Mitarbeitern schützen?

    In der Praxis der Vertragsgestaltung trifft man immer wieder auf das Problem, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Geschäftspartnern die Gefahr der Abwerbung eigener Mitarbeiter beinhaltet. Sind gerade die in die Zusammenarbeit involvierten Mitarbeiter aber das wesentliche Kapital eines Unternehmens, liegt der Bedarf eine Abwerbung dieser Mitarbeiter vertraglich zu unterbinden auf der Hand. In der Vergangenheit war die Durchsetzbarkeit einer solchen Abwerbeverbotsklausel und insbesondere einer regelmäßig vereinbarten Vertragsstrafe strittig. Durch eine neuere Entscheidung des BGH ist zumindest geklärt, dass in besonders praxisrelevanten Situationen eine solche Klausel ausnahmsweise gerichtlich durchsetzbar ist.



    Im durch den BGH entschiedenen Fall stritten zwei im Nutzfahrzeuggeschäft tätige Unternehmen darüber, ob die Abwerbung zweier Vertriebsmitarbeiter einen mit einer Vertragsstrafe bewehrten Verstoß gegen den zwischen den Parteien vormals bestehenden Kooperationsvertrag darstelle. Der von der Beklagten gekündigte Kooperationsvertrag sah ausdrücklich vor, dass innerhalb von drei Jahren nach Beendigung des Vertrags die Abwerbung von Mitarbeitern der jeweils anderen Vertragspartei verboten sei. Die Beklagte verteidigte sich im Wesentlichen damit, dass das Abwerbeverbot nach § 75 f HGB rechtlich unverbindlich sei. Diese Verteidigung entsprach einer in der Literatur stark vertreten Meinung.



    Der BGH entschied nun, dass in der Tat grundsätzlich Abwerbeverbote nach § 75 f HGB unverbindlich und gerichtlich nicht durchsetzbar seien. § 75 f HGB diene gerade dazu, die freie Entscheidung eines Arbeitnehmer über sein berufliches Fortkommen zu sichern. Dieser Schutzzweck gebiete es, auch Abwerbeverbotsklauseln als rechtlich unverbindlich zu bewerten. Jedoch machte der BGH eine Ausnahme von diesem Grundsatz für besondere Fallkonstellationen, in denen die Interessen der Arbeitgeberseite an der Durchsetzbarkeit eines Abwerbeverbots die Interessen des Arbeitnehmers überwiegen. Insbesondere wenn das Abwerbeverbot nur eine Nebenbestimmung einer weitergehenden Vereinbarung sei und diese Nebenbestimmung einem besonderen Vertrauensverhältnis der Parteien oder einer besonderen Schutzbedürftigkeit einer Partei Rechnung trage, ist nach der Rechtsprechung des BGH ein Abwerbeverbot zulässig und durchsetzbar. Ausdrücklich verwies der BGH auf die Interessenlagen bei einer Due Diligence Prüfung, der Abspaltung von Unternehmensteilen und Vertriebsvereinbarungen. In diesen Fallkonstellationen sei ein Abwerbeverbot für die reibungslose Vertragsabwicklung erforderlich. Entsprechend einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot seien solche Abwerbeverbote regelmäßig auf die Dauer von zwei Jahren zu beschränken.



    Dieses Urteil hat für die Praxis eine erfreuliche Klarstellung gebracht. Jedoch bleibt zu beachten, dass die Zulässigkeit eines durchsetzbaren Abwerbeverbots nach wie vor die Ausnahme für besondere Fallkonstellationen darstellt. Gleichzeitig bestehen in der Praxis regelmäßig Möglichkeiten ein Abwerbeverbot zu umgehen, so dass der Wert eines Abwerbeverbots eher in seiner psychologischen Wirkung besteht.



    Jan Kleinertz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/15

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