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    Kein Anspruch auf Nachtarbeitszuschläge für Betriebsratsmitglieder

    Nimmt ein Betriebsratsmitglied außerhalb der Nachtarbeitsstunden Betriebsratsaufgaben wahr, hat es nach § 37 Abs. 2 BetrVG auch dann keinen Anspruch auf Gewährung von Nachtarbeitszuschlägen, wenn es vor der Amtsübernahme Nachtarbeit geleistet hat und seine Arbeitszeit anlässlich der Amtsübernahme einvernehmlich auf die Tagstunden verschoben wurde. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus dem Benachteiligungsverbot des§ 78 S. 2 BetrVG.

    Der Kläger, der als Logistikmitarbeiter regelmäßig um 4:00 Uhr morgens mit der Arbeit angefangen hat und damit für den Zeitraum 4:00 bis 6:00 Uhr einen Nachtarbeitszuschlag bekam, wurde zum Betriebsratsmitglied gewählt. Die Betriebsparteien vereinbarten, dass er täglich von 11:00 Uhr bis 14:30 Uhr von seiner beruflichen Tätigkeit zur Durchführung von Betriebsratsarbeit freigestellt werde. Gleichzeitig wurde der Arbeitsbeginn zwecks besserer Erreichbarkeit auf 6:00 Uhr verschoben. Infolgedessen stellte der Arbeitgeber die Gewährung von Nachtarbeitszuschlägen ein.

    Das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 18.05.2015, Az.: 7 ZAR 401/14,) hat im Gegensatz zum Landesarbeitsgericht die Klage als unbegründet angesehen. Im Anschluss an seiner Entscheidung vom 29.04.2015, Az.: 7 AZR 123/17, hat der BAG erklärt, § 37 Abs. 2 BetrVG begründe keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichere nur den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag sowie gegebenenfalls dem anzuwendenden Tarifvertrag, indem er dem Arbeitgeber den Einwand des nicht erfüllten Vertrags nehme. Das Verbot der Minderung des Arbeitsentgelts bedeute, dass dem Betriebsratsmitglied das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen sei, das er verdient hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit geleistet, sondern gearbeitet hätte. Zum Arbeitsentgelt im Sinne von § 37 Abs. 2 BetrVG gehören alle Vergütungsbestandteile, d.h. die Grundvergütung sowie Zuschläge für Mehr-, Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Der Kläger könne allerdings im streitgegenständlichen Fall keinen Nachtarbeitszuschlag beanspruchen, denn dieser wäre in der Zeit der Arbeitsbefreiung nicht angefallen. Der Verlust des Nachtarbeitszuschlags beruhe nicht auf der Freistellung, sondern auf der im Einvernehmen mit dem Kläger vorgenommenen Verschiebung dessen Arbeitszeit um 2 Stunden.

    Entgegen der Auffassung des LAG hat das BAG das Entgelt nicht nach der Höhe des Entgelts der vollbeschäftigten Arbeitnehmer der Logistikabteilung berechnet. Nach § 37 Abs. 4 S. 1 und 2 BetrVG dürfe das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. § 37 Abs. 4 BetrVG ist keine Bemessungsvorschrift für den Anspruch aus § 37 Abs. 2 BetrVG, sondern regele einen anderen Sachverhalt, nämlich die Erhöhung des Arbeitsentgeltes.

    Nach § 78 S. 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrates wegen ihrer Tätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Die Nichtgewährung der begehrten Nachtarbeitszuschläge verstoße nicht gegen diese Regelung. Der Kläger werde nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern in der Logistikabteilung benachteiligt. Der Arbeitgeber gewähre anderen Mitarbeitern, die nach 6:00 Uhr anfangen, auch keinen Nachtarbeitszuschlag. Durch die Verschiebung der Arbeitszeit sei der Kläger nicht den Erschwernissen unterworfen, welche durch die Gewährung der Nachtarbeitszuschläge kompensiert werden sollen.

    Die Entscheidung des BAG überrascht nicht. Sie ist im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung, die in Bezug auf § 37 BetrVG im Ergebnis eine sehr konsequente Linie verfolgt. Für das Betriebsratsmitglied selbst ist die Entscheidung nicht ganz einfach zu treffen: „Nachtarbeit oder bessere Erreichbarkeit?“ Angesichts der mit der Nachtarbeit verbundenen Mehrbelastung, die dann auch nicht vorliegt, ist die Entscheidung des BAG in jeder Hinsicht zu begrüßen.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 10/16

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