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    LAG zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers bei nicht abgeführten Beiträgen an eine Pensionskasse

    Führt ein Arbeitgeber die Beiträge an eine Pensionskasse, die Entgeltbestandteile beinhalten, nicht ab und unterrichtet der Geschäftsführer die Arbeitnehmer nicht spätestens bei Fälligkeit oder unverzüglich danach, haftet er deliktisch. Für die Strafbarkeit des § 266 a Abs. 3 StGB ist nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer der Pensionsklasse ist.

    Das LAG Düsseldorf, Az.:12 Sa 175/15, hat in einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung die ehemalige Geschäftsführerin wegen der Nichtabführung von Beiträgen an die Pensionskasse zum Schadensersatz verurteilt, allerdings Zug um Zug gegen Abtretung der in gleicher Höhe gegen die Arbeitgeberin bestehenden Ansprüche. Die Höhe des Schadens setze sich im streitgegenständlichen Fall aus den tariflichen Altersvorsorgebeiträgen, der Entgeltumwandlung und dem Arbeitgeberzuschuss zusammen, da alle Entgeltbestandteile beinhalten. Das LAG hat in Fortsetzung der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung festgestellt, dass die Sperrwirkung des § 93 InsO dem Schadensersatzanspruch nicht entgegenstehe, da sich die Sperrwirkung nur auf die Haftung als Gesellschafter gem. § 128 HGB beschränke. Gemäß § 823 Abs. 2 BGB sei zum Ersatz des entstehenden Schadens verpflichtet, wer gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstoße. § 266 a Abs. 3 StGB sei hinsichtlich abzuführender Teile des Arbeitsentgelts ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB zugunsten des Arbeitnehmers. Bei den beanspruchten Beträgen handele es sich um Entgelt, da es sich um Teile des Lohns handele und nicht um eigene Beiträge des Arbeitgebers. Bei den streitgegenständlichen Beträgen - ähnlich wie auch bei den vermögenswirksamen Leistungen - handele es sich arbeitsrechtlich um einen Lohnbestandteil. Der Vergütungscharakter bei dem Zuschuss zur Altersversorgung ergebe sich im streitgegenständlichen Fall daraus, dass die Höhe des Zuschusses davon abhänge, dass Anspruch auf Arbeitsentgelt bestehe.

    Nach Überzeugung des LAG komme es darauf nicht an, ob der Arbeitnehmer Versicherungsnehmer oder nur versicherte Person sei. Selbst wenn ein Vertrag zugunsten Dritter gemäß §§ 328 ff. BGB vorliege, zahle der Arbeitgeber die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt für die Arbeitnehmerin. Bereits der Wortlaut des § 266a Abs. 3 StGB erfasse diesen Fall ohne Weiteres.

    Nicht gezahlt im Sinne von § 266 a Abs.3 StGB sei der Lohnbestandteil dann, wenn er vorbehaltlich der Vereinbarung eines anderen Fälligkeitstermins nicht mit der geschuldeten Fälligkeit gezahlt wurde. Richtig sei insoweit weiter, dass die Fälligkeit durch eine wirksame Stundungsabrede hinausgeschoben werden könne. Ob eine Stundungsvereinbarung zu Lasten der Arbeitnehmer bei der Entgeltumwandlung alleine zwischen Versorgungsträger und Arbeitgeber grundsätzlich wirksam sei (sowohl LAG Hamm Urteil vom 18.07.2014), könne offenbleiben, da es für den Ausschluss des Tatbestandes des § 266 a Abs. 3 StGB erforderlich sei, dass eine Stundungsvereinbarung vor der Fälligkeit erfolge.

    Allerdings könne eine Schadensersatzpflicht nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 a StGB ausgeschlossen sein, wenn bei dem Geschädigten auch im Falle pflichtgemäßen Verhaltens des Arbeitgebers der Schaden entstanden wäre. So fehle es etwa an einem kausal verursachten Schaden, wenn geleistete Beiträge in einem Insolvenzverfahren erfolgreich anzufechten gewesen wären. Voraussetzung sei zudem, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reiche nicht aus. Insoweit trägt der Schädiger bezogen auf den hypothetischen Kausalverlauf die Darlegungs- und Beweislast, im streitgegenständlichen Fall ist die Geschäftsführerin dieser nicht nachgekommen.

    Diese Entscheidung steht in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung zur Haftung des Geschäftsführers bei Insolvenz. Sie ist in dem Sinne „nichts Neues“, und dennoch immer wieder in Erinnerung zu rufen, da sie zeigt, wie riskant das Geschäftsführerdasein sein kann.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 5/16

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