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    Rückwirkende Anwendung neuer Bewertungsstandards im Spruchverfahren? - Klärung durch den BGH in Aussicht

    Wird während eines laufenden Spruchverfahrens der IDW-Standard für die Unternehmensbewertung aktualisiert, stellt sich die Frage, ob das Gericht dies zu berücksichtigen hat, oder ob es bei dem Standard bleibt, der am Tag der zugrundeliegenden Strukturmaßnahme galt. Dies ist zwischen verschiedenen Oberlandesgerichten umstritten.



    Die vom IDW - einer privaten Institution - verlautbarten Standards für die Unternehmensbewertung sind keine Gesetze, haben aber eine große praktische Bedeutung. Sie bilden nach Auffassung der Gerichte eine wesentliche Erkenntnisquelle für das methodisch zutreffende Vorgehen bei der Ermittlung des Unternehmenswertes und werden von den Gutachtern in Spruchverfahren ganz überwiegend zugrunde gelegt. Da sich Spruchverfahren vielfach über längere Zeiträume hinziehen, kommt es häufig zu der Situation, dass sich der Standard während des laufenden Verfahrens aktualisiert. Mit der Aktualisierung war in der Vergangenheit eine Tendenz zu niedrigeren Unternehmenswerten verbunden. Wird die Aktualisierung im laufenden Spruchverfahren berücksichtigt, geht dies also regelmäßig zu Lasten der Minderheitsaktionäre, während die Unternehmen als Kompensationsschuldner davon profitieren.



    Während einige Oberlandesgerichte derartige Aktualisierungen als neuere und bessere Erkenntnismöglichkeiten berücksichtigen möchten, wollen es andere Oberlandesgerichte aus Gründen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes grundsätzlich bei dem am Bewertungsstichtag geltenden Standard belassen. Zu diesen Gerichten gehört auch das OLG Düsseldorf, das die Frage in einem sehr sorgfältig begründeten Beschluss vom 28.08. 2014, Az.: I-26 W 9/12 (AktE), nun dem Bundesgerichtshof im Wege der Divergenzvorlage (§ 12 Abs. 2 S. 2 SpruchG a.F., § 28 Abs. 2 und 3 FGG) zur Entscheidung vorgelegt hat. Mit Rücksicht auf die Vielzahl noch anhängiger Spruchverfahren, in denen diese Frage relevant ist, ist die Entscheidung des Bundesgerichtshofs mit Spannung zu erwarten.



    Sebastian Schödel

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 12/14

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