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    Digitalisierung des Gesellschaftsrechts schreitet voran: Gesetzesentwurf zur Ergänzung des DiRUG

    Am 13. April 2022 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur ergänzenden Umsetzung der europäischen Digitalisierungsrichtlinie (Richtlinie EU 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019) beschlossen. Eine erste Umsetzung war bereits durch das Digitalisierungsrichtlinieumsetzungsgesetz vom 5. Juli 2021 eingeleitet. Noch vor dessen für den 1. August 2022 vorgesehenem Inkrafttreten soll die Digitalisierung des Gesellschaftsrechts nun in einem Akt „sich selbst überholender Gesetzgebung“ durch den neuerlichen Entwurf weiter vorangetrieben werden.

    Der Gesetzentwurf sieht Regelungen zu folgenden Bereichen vor:

    Erweiterung des Anwendungsbereichs der Online-Beglaubigung

    Nach dem Entwurf vom 13. April 2022 soll § 12 Handelsgesetzbuch (HGB) über das DIRUG vom 5. Juli 2021 hinausgehend zum 1. August 2022 dahingehend abgeändert werden, dass die Möglichkeit der notariellen Beglaubigung mittels Videokommunikation nicht mehr nur für einen bestimmten Kreis von Rechtsträgern (so noch das DiRUG) eröffnet werden soll. Der neue Entwurf sieht vielmehr vor, dass die Auflistung dieser Rechtsträger gestrichen werden soll, womit die Online-Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen allgemein ermöglicht würde.

    Nach dem Entwurf soll der Anwendungsbereich der Online-Beglaubigung auch auf die Beglaubigungen von Partnerschaftsregisteranmeldungen, Genossenschaftsregisteranmeldungen und Vereinsregisteranmeldungen erweitert werden. Dazu soll § 157 Genossenschaftsgesetz (GenG) um einen zweiten Satz und § 77 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) um einen zweiten Absatz ergänzt werden. Einer Änderung des PartGG bedarf es nicht, weil § 5 Abs. 2 PartGG bereits die entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 1 S. 2 HGB-E anordnet.

    Erweiterung des Anwendungsbereichs der Online-Beurkundung im GmbH-Recht

    Darüber hinaus zielt der Entwurf darauf ab, auch den Anwendungsbereich des notariellen Verfahrens der Online-Beurkundung auszubauen. Mit dem DiRUG wird ab dem 1. August 2022 die Möglichkeit der notariellen Beurkundung von Willenserklärungen im Rahmen der Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) mittels Videokommunikation geschaffen. Davon sind Sachgründungen aber ausgenommen. Diese Ausnahme soll nach dem Entwurf aus § 2 Abs. 3 S. 1 GmbHG n.F. gestrichen werden. Danach wäre auch die Sachgründung mittels Online-Beurkundung grundsätzlich möglich. Eine Ausnahme gilt allerdings für Sachgründungen unter Einbringung von Gegenständen, deren Übertragung ihrerseits beurkundungspflichtig ist (etwa von Immobilien). Für diese ist das Online-Verfahren nicht zugelassen.

    Eine weitere Neuerung des Entwurfs ist die beabsichtigte Erweiterung des notariellen Verfahrens der Online-Beurkundung auch auf Gründungsvollmachten und einstimmig gefasste Beschlüsse zur Änderung des GmbH-Gesellschaftsvertrags einschließlich Kapitalmaßnahmen. Dazu werden die §§ 53, 55 GmbHG entsprechend ergänzt.

    Digitale Gesellschafterversammlung

    Aktuell können GmbH-Gesellschafterversammlungen nur dann telefonisch oder mittels Videokommunikation abgehalten werden, wenn dies ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Der Entwurf sieht vor, dass eine solche digitale Gesellschafterversammlung auch ohne eine entsprechende Klausel abgehalten werden kann, wenn alle Gesellschafter sich damit in Textform einverstanden erklären. Dazu wird dem § 48 Abs. 1 GmbHG ein entsprechender zweiter Satz angefügt.

    Inkrafttreten

    Die Änderungen bezüglich der Online-Beglaubigung von Handelsregisteranmeldungen, der Online-Beurkundung auch von Gründungsvollmachten, der digitalen Gesellschafterversammlung und der Online-Beglaubigung von Genossenschaftsregisteranmeldungen sollen gleichzeitig mit dem DiRUG am 1. August 2022 in Kraft treten. Die übrigen genannten Änderungen sollen erst ab dem 1. August 2023 gelten.

    Änderungen sind erforderlicher Schritt

    Nicht erst die Coronapandemie hat das Bedürfnis nach einem digitalisierten Gesellschaftsrecht aufgezeigt. Ein modernes und praxisorientiertes Gesellschaftsrecht kommt nicht darum herum, sich an die technischen Möglichkeiten seiner Zeit anzupassen. Die Digitalisierung des Gesellschaftsrechts ist mithin unausweichlich. Die beabsichtigten Gesetzesänderungen haben darüber hinaus das Potential, den Verwaltungsaufwand im Gesellschaftsrecht weiter einzuschränken und können so einen Beitrag zur Effizienz der Rechtsordnung leisten.

    Dr. Gerd Krämer / WissMit. Leo Kegel

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 4/22

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