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    Erbschaftsteuergesetz: Blockiert der Bundesrat die Reform?

    Am 30.06.2016 ist die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist zur Neuregelung des Erbschaftsteuergesetzes abgelaufen. Quasi in letzter Minute, am 24.06.2016, hat der Bundestag die Reform der Erbschaftssteuer verabschiedet, auf die sich die Koalition am 20.06.2016 verständigt hatte.

    Das Gesetz enthält eine Reihe von Änderungen gegenüber dem bisherigen Entwurf (vgl. hierzu auch Newsletter 6 aus dem Jahr 2015 sowie die Sonderausgabe von Mai 2015). Die wesentlichen Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf betreffen:

    - Die Lohnsummenregel, die erst ab fünf - statt wie bisher drei - Beschäftigten greifen soll;

    - Die Absenkung des Sockelbetrages für Finanzmittel von 20 % auf 15 %;

    - Die Aufnahme einer (Re-)Investitionsklausel, nach der Verwaltungsvermögen durch Reinvestition rückwirkend in begünstigtes Vermögen umgewandelt werden kann, wobei ein Investitionszeitraum von zwei Jahren vorgesehen ist;

    - Die Aufnahme eines Unschädlichkeitsbetrages i.H.v. 10 % des originär nicht begünstigten Vermögens;

    - Die Einführung einer Anti-Missbrauchsregelung, nach der grundsätzlich begünstigungsfähiges Vermögen vollständig unberücksichtigt ist, wenn das Verwaltungsvermögen vor Anwendung der Ausnahmeregelung für Altersversorgungsverpflichtungen des quotalen Schuldenabzug und des 10 %igen Unschädlichkeitsbetrages mindestens 90 % des gemeinen Wertes des Vermögens ausmacht;

    - Die Höchstgrenzen des Verschonungssystems: Bei einem Erwerbswert bis 26 Mio. € findet ein zweigleisiges Verschonungssystem aus Regel- und Optionsverschonung Anwendung. Bei Vermögen von über 26 Mio. € kann das sog. Abschmelzungsmodell beantragt werden, dass eine Verschonung bis zu einem Gesamtwert von max. 89 Mio. € vorsieht. Wahlweise kann der Erlass gewählt werden. Nach dem Erlassmodel erfolgt in Folge einer Bedürfnisprüfung ein Steuererlass in dem Umfang, in dem nachgewiesen wird, dass das verfügbare Vermögen zur Begleichung der Steuerschulden nicht ausreicht.

    Die neuerlichen Änderungen an dem ursprünglichen Entwurf gehen weitgehend auf Forderungen der CSU zurück. Von Seiten der SPD-regierten Länder ist bereits Widerstand im Bundesrat angekündigt worden. Es ist also mit Spannung zu erwarten, ob der Bundesrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 8.07.2016 den Vermittlungsausschuss anrufen wird. Jedenfalls kann vernünftiger Weise nicht mehr mit einer schnellen Verabschiedung des Gesetzes gerechnet werden. Damit wird die Diskussion darüber, ob das bisherige Recht trotz der Fristsetzung des Bundesverfassungsgerichts weiter gelten kann, erneut aufleben. Die Politik hat bereits angekündigt, dass das Gesetz in jedem Fall rückwirkend zum 01.01.2016 Inkrafttreten soll, sodass Verfügungen unter Geltung des alten Rechts nicht mehr möglich sind.

    In Anbetracht der aktuellen Diskussion ist jedoch davon auszugehen, dass das Verfassungsgericht sich nicht zum letzten Mal mit der Erbschaftssteuer befasst haben wird.

    Dr. Uwe Scholz

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 6/16

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