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Haftung eines ausgeschiedenen Geschäftsführers für Insolvenzverschleppungsschäden von Neugläubigern
Geschäftsführer oder Vorstände einer in der Krise befindlichen Gesellschaft tragen ein großes Risiko, sich des Vorwurfs der Insolvenzverschleppung und einer damit verbundenen persönlichen Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 a InsO auszusetzen. Das ist in der Praxis soweit ersichtlich allgemein bekannt. Unsicherheit besteht bei vielen Betroffenen aber darüber, ob und inwieweit sie dieses Risiko vermeiden oder wenigstens reduzieren können, indem sie aus ihrer Geschäftsführer- oder Vorstandsfunktion durch Abberufung oder Niederlegung ausscheiden. Häufig besteht die Vorstellung, dann hafte man wenigstens nicht mehr für Insolvenzverschleppungsschäden, die nach dem Ausscheiden aus dem Geschäftsführer- oder Vorstandsamt eintreten. Der BGH hat diesbezüglich in wegweisenden jüngeren Entscheidungen für mehr Klarheit gesorgt – leider nicht zum Vorteil der betroffenen Geschäftsführer.
Durch Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 08.07.2025 – Az.: II ZR 165/23 – hat das Gericht seine Rechtsprechung aus dem Urteil vom 23.07.2024 – Az.: II ZR 206/22 – bestätigt, wonach ein aus dem Amt ausgeschiedener Geschäftsführer gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 a Insolvenzordnung (InsO) grundsätzlich auch für Schäden von Gläubigern haftet, die erst nach seinem Ausscheiden in vertragliche Beziehungen zu der Gesellschaft getreten sind. Ein Geschäftspartner bzw. der Insolvenzverwalter einer insolvent gewordenen Gesellschaft kann also auch Geschäftsführer erfolgreich in Anspruch nehmen, die zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses gar nicht mehr im Amt waren.
Dies setzt allerdings voraus, dass die Gesellschaft bereits vor dem Ausscheiden aus dem Amt insolvenzreif war und somit schon bei der früheren Geschäftsführung eine Antragspflichtverletzung vorgelegen hat. Bestand dieser Zustand der Insolvenzreife auch nach dem Ausscheiden fort, haftet der Ausscheidende auch für später eintretende Insolvenzverschleppungsschäden. Diese Haftung entfällt auch nicht deshalb, weil die neuen Geschäftsführer ebenfalls für Insolvenzverschleppungsschäden haften, weil auch sie sich einer Insolvenzverschleppung wegen fortdauernder Insolvenzreife der Gesellschaft schuldig gemacht haben.
Etwas anderes ergibt sich nur dann, wenn der unter der alten Geschäftsführung bestehende Zustand der Insolvenzreife noch vor oder nach Ausscheiden des Geschäftsführers aus dem Amt zunächst vollständig beseitigt war und erst nach Ausscheiden des alten Geschäftsführers eine neue Insolvenzreife eintrat. Für erst dann entstehende weitere Schäden haftet nur die neue Geschäftsführung, die damit einen neuen Tatbestand der Insolvenzverschleppung verwirklichte.
Für die Praxis bedeutet dies, dass der Geschäftsführer einer insolvenzreifen Gesellschaft seine drohende Haftung wegen Insolvenzverschleppung nicht dadurch begrenzen kann, dass er aus dem Geschäftsführeramt ausscheidet, ohne einen Insolvenzantrag gestellt zu haben.
In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 7/25
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