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    Weniger Urlaub bei "Kurzarbeit Null"

    Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 30.11.2021, Az.: 9 AZR 225/21, die Klage einer Verkaufshilfe abgewiesen. Bedingt durch die Corona-Pandemie führte der beklagte Arbeitgeber Kurzarbeit ein, so dass die Klägerin von April bis Dezember 2020 in einigen Monaten vollständig von der Arbeitspflicht befreit wurde (sog. Kurzarbeit Null). Der beklagte Arbeitgeber kürzte den Jahresurlaub der Klägerin wegen der Kurzarbeit. Die Klägerin vertrat den Standpunkt, kurzarbeitsbedingt ausgefallene Arbeitstage müssten urlaubsrechtlich wie Arbeitstage gewertet werden.

    Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Urteile der Vorinstanzen in Anlehnung an seine bisherige Rechtsprechung, wonach sich der Umfang des Urlaubs an der Zahl der vereinbarten Tage mit Arbeitspflicht bemessen soll (zur Berechnung während Freistellungsphasen in der Altersteilzeit: Urteil vom 24.09.2019 - 9 AZR 481/18 und 03.12.2019 - 9 AZR 33/19). Bei der vertraglichen Dreitagewoche der Klägerin errechnete sich zunächst ein Jahresurlaub von 14 Arbeitstagen (28 Werktage x 156 Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).

    Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage rechtfertige eine unterjährige Neuberechnung des Urlaubsanspruchs. Aufgrund einzelvertraglich vereinbarter Kurzarbeit ausgefallene Arbeitstage seien weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen. In seiner Pressemitteilung wies das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass nach Unionsrecht (Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG) ein Arbeitnehmer Urlaubsansprüche nur für Zeiten erwerbe, in denen er tatsächlich gearbeitet habe. Das Bundesurlaubsgesetz enthalte für „Kurzarbeit Null“ keine für die Arbeitnehmer günstigeren Regelungen.

    Das Bundesarbeitsgericht verwies zudem auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Fall Hein/Holzkamm (Urteil vom 13.12.2018 – C-385/17), in dem es um eine Kürzung von Urlaubsgeld in Deutschland nach Kurzarbeit ging: Danach ist es das Ziel der Richtlinie, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen. Das aber setze voraus, dass dieser eine Tätigkeit ausgeübt habe, die einen entsprechenden Zeitraum der Erholung, der Entspannung und der Freizeit nötig mache.

    Diese Entscheidung, kurz vor Ende des Urlaubsjahres, ist von großer praktischer Bedeutung. Die Arbeitgeber sollten allerdings daran denken, dass der nicht genommene Urlaubsanspruch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteile vom 19.02.2019 - 9 AZR 541/15 und 9 AZR 423/16) nur dann nach § 7 Abs. 3 BurlG verfällt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen und der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

    Dr. Irini Ahouzaridi

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 12/21

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