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    Zivilrechtliche Prinzipientreue vs. Steuerrecht: Neue Entwicklungen in umsatzsteuerlichen Bauträgerfällen

    Mit der überstürzt in das Gesetz aufgenommenen Regelung in § 27 Abs. 19 UStG hat der Gesetzgeber Mitte des Jahres 2014 versucht, drohende Steuerausfälle als Folge der Entscheidung des BFH vom 15.02.2014 zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Bauleistungen an Bauträger zu vermeiden. In dieser Entscheidung hat der BFH die bis dahin geltende Verwaltungsanweisung für unwirksam erklärt, wonach auch reine Bauträger die Umsatzsteuer für Bauleistungen eingeschalteter Unternehmer nach dem sogenannten Reverse-Charge-Verfahren schulden. Auf Grundlage dieser Verwaltungsanweisung rechneten Bauunternehmer stets „Netto“ gegenüber den Bauträgern ab; die Bauträger berechneten die sich hieraus ergebende Umsatzsteuer und führten diese an das Finanzamt ab.

    Nach der Entscheidung des BFH vom 15.02.2014 ist die Rechtsgrundlage für diese Umsatzsteuerzahlungen entfallen und die Bauträger sind berechtigt, die gezahlte Umsatzsteuer zurückzufordern. Stattdessen wären die Bauunternehmer zur Abführung der Umsatzsteuer verpflichtet, wenn ihnen nicht § 176 der Abgabenordnung (AO) Vertrauensschutz zubilligte, soweit sie auf die Richtigkeit der vom BFH verworfenen Verwaltungsanweisung vertraut haben. Eine Nachforderung von Umsatzsteuer durch das Finanzamt wäre damit ausgeschlossen.

    Um dennoch die Umsatzsteuer für die hiervon betroffenen Bauleistungen kassieren zu können, wurde das Gesetz durch die historisch und dogmatisch einmalige Regelung in § 27 Abs. 19 Satz 1 bis 4 UStG geändert und der ansonsten gesetzlich gewährte Vertrauensschutz in § 176 AO kurzer Hand außer Kraft gesetzt.

    Technisch soll das Steueraufkommen dadurch gesichert werden, dass die Bauunternehmer ihren Anspruch gegen die Bauträger auf zusätzliche Zahlung der Umsatzsteuer nach Erteilung neuer „Brutto“-Rechnungen an die Finanzverwaltung mit schuldbefreiender Wirkung abtreten können. Die abgetretenen Forderungen sollen mit den Ansprüchen der Bauträger, die die Rückzahlung zu Unrecht abgeführter Umsatzsteuer begehren, durch das Finanzamt aufgerechnet werden können.

    Diesem Trick des Gesetzgebers ist das Landgericht Düsseldorf nunmehr in einer aktuellen Entscheidung vom 05.02.2016 entgegengetreten, in der mit sehr guten Argumenten ein abtretbarer Anspruch des Bauunternehmers gegenüber dem Bauträger verneint wird.

    Für einen solchen Anspruch fehle es jedenfalls dann an einer Rechtsgrundlage, wenn die Abrechnung der Leistung ohne Umsatzsteuer im Vertrauen auf die fehlerhafte Verwaltungsanweisung zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden sei. Das Interesse des Fiskus an der Sicherung des Steueraufkommens genieße bei der Abwägung der gegenseitigen Rechte und Pflichte im Vertragsverhältnis jedenfalls keinen Schutz. Daher müsse es bei der ausdrücklichen Netto-Preisabrede bleiben. Für eine ergänzende Vertragsauslegung sei dann kein Raum.

    Es bleibt abzuwarten, ob sich diese zivilrechtliche Dogmatik gegen die fiskalischen Interessen in den Steuergesetzen und die Entscheidung anderer erstinstanzlicher Gerichte durchsetzen wird. Die Argumentation des Landgerichts Düsseldorf verdient jedenfalls Beachtung auch durch die Obergerichte.

    Christian Slota

    In folgendem Newsletter erschienen : Newsletter 3/16

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